nicht revisibel

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter denen ein heimlich aufgenommenes Videoband als unverwertbares Beweismittel anzusehen ist.

Besteht hinsichtlich eines heimlich aufgenommenen Videobandes ein Verwertungsverbot, so scheidet auch die Vernehmung von Zeugen zu ihren Erkenntnissen aus dem Betrachten des Videobandes aus.

 

Normenkette

ZPO § 284

 

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Die Parteien sind beide Bewohner einer größeren Wohnanlage mit gemeinschaftlicher Tiefgarage. Der dort abgestellte PKW des Klägers wurde mehrfach mutwillig beschädigt. Einen Täter konnte der Kläger nicht ausfindig machen, weshalb er verdeckt eine Videoüberwachungsanlage installierte. Nachdem der Kläger sein Fahrzeug hatte reparieren lassen, musste er eine erneute mutwillige Beschädigung feststellen. Die Tat war auf einem Videoband festgehalten. Hierauf glaubte der Kläger die Beklagte als Täterin ausmachen zu können. Mehrere andere Personen haben das Videoband ebenfalls angesehen, das noch vor Klagerhebung teilweise beschädigt wurde.

Das Landgericht hat die Klage auf Ersatz des Sachschadens und der Kosten der Videoüberwachung abgewiesen, nachdem in erster Instanz das Videoband in Augenschein genommen und mehrer Zeugen zu ihren Eindrücken bei Betrachten des Videobands vernommen wurden. Das Landgericht führte zur Begründung aus, aufgrund der schlechten Bildqualität des Bandes könne der Augenschein nicht die Überzeugung begründen, dass die Beklagte die Täterin sei. Aus ähnlichen Erwägungen seien auch die Zeugenaussagen nicht überzeugend.

Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

Im Endergebnis zutreffend hat das Landgericht die Klage auf Zahlung von Schadensersatz mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis nicht erbracht, dass die Beklagte die Beschädigungen an seinen in der Tiefgarage des von beiden Parteien mitbewohnten Mehrfamilienanwesens abgestellten PKW verursacht hat. Die in 1. Instanz durchgeführte Beweiserhebung, nämlich die Inaugenscheinnahme der vom Kläger heimlich aufgenommenen Videobänder sowie die Vernehmung von Zeugen über deren Wahrnehmung beim Betrachten eben dieser Videobänder, war allerdings nicht veranlasst, da der Kläger sich insoweit auf unverwertbare Beweismittel stützt.

I.

Der Kläger hat sein primäres Beweismittel, die Videoaufzeichnung, in rechtswidriger Weise erlangt.

1. Das im Rahmen einer heimlichen Videoüberwachung aufgezeichnete Videoband und dessen Verwertung verletzt das Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht der Beklagten. Allerdings unterliegen diese Rechte keinem schrankenlosen Schutz, sofern dadurch nicht die unantastbare Intimsphäre der Beklagten betroffen ist. Die Rechte der Beklagten treten insoweit in Konflikt mit dem berechtigten Interesse des Klägers an einem Schutz vor weiteren Beschädigungen seines Fahrzeugs sowie seinem anerkennenswerten Bestreben, den Verantwortlichen für die früheren Beschädigungen ausfindig zu machen. Diese Belange sind bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Klägers gegeneinander abzuwägen (OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 241). Der Abwägungsprozess ist dabei entscheidend geprägt von den besonderen Umständen des Einzelfalls. Regelmäßig stellt der Einsatz verdeckter Videokameras zur Kontrolle eines bestimmten Personenkreises einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar, wenn keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen dies rechtfertigen (BGH NJW 1995, 1955). Dabei wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nicht nur im Fall einer „Bildniserschleichung” verletzt, in dem die Abbildung einer Person in deren privaten Bereich gefertigt wird in der Absicht, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Vielmehr kann auch die Herstellung von Bildnissen einer Person, insbesondere die Filmaufzeichnung mittels Videogerät, in der Öffentlichkeit oder in einer beschränkten Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen selbst ohne Verbreitungsabsicht einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen. Ob und in welchem Umfang bereits die Fertigung derartiger Bilder rechtswidrig und unzulässig ist oder aber vom Betroffenen hingenommen werden muss, kann nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung aller rechtlich, insbesondere verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter- und Interessenabwägung ermittelt werden (BGH NJW 1995, 1955).

2. Der Kläger hat nach seiner eigenen Darstellung eine gezielte heimliche Videoüberwachung eines bestimmten Teilbereichs der auch von ihm benutzten Tiefgarage über längere Zeiträume und mit Regelmäßigkeit betrieben. Die Überwachung war darauf angelegt, die Benutzer dieses Teils der Tiefgarage in einer Vielzahl von Fällen abzubilden und aufzuzeichnen. Notwendigerweise werden damit alle – auch mit den Beschädigungen am Fahrzeug des Klägers in keinem Zusammenhang ste...

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