1 Allgemeines

 

Rz. 1

Bereits § 1 Abs. 1 EFZG stellt klar, dass das Gesetz zwischen der (Fort-)Zahlung des Arbeitsentgelts an Arbeitnehmer sowie der wirtschaftlichen Sicherung im Bereich der Heimarbeit an gesetzlichen Feiertagen und im Krankheitsfall unterscheidet. Die §§ 10, 11 EFZG nehmen sich der Heimarbeiter an. Die Unterscheidung ist nötig, weil in Heimarbeit Beschäftigte selbst den Zeitpunkt und die jeweilige Dauer der Arbeitsverrichtung bestimmen.[1] Bereits deshalb ist es schwierig festzustellen, ob ein Arbeitsausfall Folge einer Erkrankung ist. Hinzukommt, dass die gewährte Vergütung von den jeweils erteilten Aufträgen abhängt und entsprechend variiert, vor allem da i. d. R. Stückentgelte (vgl. § 20 HAG) und keine Zeitlöhne gezahlt werden. Demnach tritt als Sonderregelung § 10 EFZG an die Stelle der allgemeinen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§§ 1-9 EFZG). Die Regelung orientiert sich rechtlich und faktisch an den Gegebenheiten im Bereich der Heimarbeit, die im Heimarbeitsgesetz (HAG) geregelt ist.

 

Rz. 2

Die Norm gewährt dem Anspruchsberechtigten einen Zuschlag zu dem für die Verrichtung der Heimarbeit gewährten Arbeitsentgelt. Der Zuschlag wird gerade nicht während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit gezahlt, sondern völlig unabhängig hiervon. Neben diesem Zuschlag erhält der Anspruchsberechtigte im Krankheitsfall grundsätzlich Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankengeld gem. §§ 44 ff. SGB V). Durch diese beiden Komponenten soll der Ausfall des Verdienstes bei Arbeitsunfähigkeit ausgeglichen werden[2], indem die in Heimarbeit Beschäftigten Rücklagen bilden.[3] Der Anspruch aus § 10 EFZG ist allerdings nicht vom Bestehen der Sozialversicherungspflicht abhängig.[4]

 

Rz. 3

Die Norm folgt der Regelung des § 8 LFZG nach. Sie besteht nunmehr in der Form nach Änderung durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 fort, durch welches die Norm nach der Umbenennung der "Bundesanstalt für Arbeit" in "Bundesagentur für Arbeit" terminologisch aktualisiert wurde.

[2] BSG, Urteil v. 6.9.2017, B 13 R 33/16 R; in Rz. 44 des Urteils ist vom "Ausgleich des Einkommensverlusts im Krankheitsfall" die Rede.
[3] BAG, Urteil v. 24.8.2016, 7 AZR 725/15, NZA 2017, 244.
[4] BAG, Urteil v. 21.4.1961, 1 AZR 100/ 60, DB 1961, 883; Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung-Krankengeld-Mutterschaftsgeld, Stand August 2017, § 10 EFZG, Rz. 2; Henssler/Willemsen/Kalb/Vogelsang, Arbeitsrecht Kommentar, 2020, § 10 EFZG, Rz. 2.

2 Anwendungsbereich

 

Rz. 4

Gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 EFZG haben in Heimarbeit Beschäftigte (Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende, vgl. hierzu § 1 Abs. 1 HAG)[1] und ihnen nach § 1 Abs. 2a-c HAG Gleichgestellte gegen ihren Auftraggeber oder im Falle der Beschäftigung durch einen Zwischenmeister gegen diesen einen Anspruch auf Zahlung eines Zuschlags zum Arbeitsentgelt. Zwischenmeister sind diejenigen, die, ohne selbst Arbeitnehmer zu sein, die ihnen von Gewerbetreibenden übertragene Arbeit an Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibende weitergeben (§ 2 Abs. 3 HAG).

Das Gesetz verweist auf die Definitionen des Heimarbeitergesetzes, welche uneingeschränkt im Bereich des § 10 EFZG anzuwenden sind. Demnach entspricht der Anwendungsbereich des § 10 EFZG grundsätzlich dem des § 12 BUrlG (Urlaub im Bereich der Heimarbeit).

 

Rz. 5

Der Anspruch besteht grundsätzlich gegen den Auftraggeber. Auftraggeber des Anspruchsberechtigten kann auch ein Hausgewerbetreibender sein, welcher seinerseits Anspruchsberechtigter ist; mithin liegt eine Doppelfunktion vor.[2]

[1] Zu den Definitionen im Einzelnen vgl. Zimmermann, § 11, Rz. 2.
[2] Feichtinger/Malkmus, Entgeltfortzahlungsrecht, 2. Aufl. 2010, § 10 EFZG, Rz. 22 m. w. N.; Henssler/Willemsen/Kalb/Vogelsang, Arbeitsrecht Kommentar, 2020, § 10 EFZG, Rz. 10.

3 Zuschlag zum Arbeitsentgelt (Abs. 1)

3.1 Anspruch auf Zuschlagszahlung

 

Rz. 6

§ 10 Abs. 1 EFZG gewährt einen Anspruch auf Zahlung eines Zuschlags zu dem für die Heimarbeit gewährten Arbeitsentgelt. Der Zuschlag soll durch den Anspruchsberechtigten als Rücklage für einen etwaigen Ausfall der Entgeltzahlungen im Krankheitsfall verwendet werden. Demzufolge besteht der Anspruch auf Zuschlagsgewährung unabhängig davon, ob der Anspruchsberechtigte arbeitsunfähig ist oder war.[1] Die Verwendung der Rücklage entsprechend der Zweckbestimmung ist Sache des Anspruchsberechtigten, es wird nicht überprüft, ob er sie dem gesetzgeberischen Sinn entsprechend verwendet.[2]

 

Rz. 7

Der Zuschlag ist Teil des dem Anspruchsberechtigten gewährten Arbeitsentgelts, also entsprechend auch pfänd- und abtretbar. Er wird mit dem laufenden Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts fällig und ist mit dieser Leistung laufend auszuzahlen.[3] Sozialversicherungsrechtlich ist der Zuschlag nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen und beitragsfrei (§§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV...

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