Rz. 1

Die Vorschrift regelt – nicht abschließend – verschiedene Fälle, in denen die Ausbildung ausfällt, aber trotzdem die Fortzahlung der Ausbildungsvergütung vom Arbeitgeber geschuldet wird. Die Vorschrift hängt mit dem Zweck der Ausbildungsvergütung zusammen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG geschuldete Ausbildungsvergütung nicht allein Gegenleistung für geleistete Arbeit. Sie dient vielmehr auch als finanzielle Hilfe zur Durchführung der Berufsausbildung und hat die weitergehende Funktion, einen ausreichenden Nachwuchs an qualifiziertem Personal zu gewährleisten.[1] Als lex specialis ergänzt und erweitert § 19 BBiG vor diesem Hintergrund die allgemeinen Regeln der Entgeltfortzahlung zum Schutz von Auszubildenden. Der im allgemeinen Arbeitsrecht geltende Grundsatz "Kein Lohn ohne Arbeit" wird ohnehin schon durch zahlreiche Ausnahmevorschriften, wie z. B. in §§ 615, 616 BGB, § 3 EFZG, §§ 1, 3 BUrlG durchbrochen. Hierzu ist auch § 19 BBiG zu zählen, der konkretisiert, dass der Auszubildende im Falle, dass er nach § 15 BBiG zur Berufsausbildung freizustellen ist oder aus persönlichen Gründen unverschuldet nicht an der Berufsausbildung teilnehmen kann, seinen Vergütungsanspruch behält.

 

Rz. 2

Da die oben genannten Ausnahmen, die bei Arbeitnehmern gelten, auch bei Auszubildenden Geltung beanspruchen, ist § 19 BBiG nicht abschließend, sondern hat vielmehr einen relativ überschaubaren Anwendungsbereich. Denn gem. § 10 Abs. 2 BBiG bleiben die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften anwendbar. § 1 Abs. 2 EFZG bezieht außerdem ausdrücklich Auszubildende in den Anwendungsbereich des EFZG ein, sodass sich die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen bereits aus diesem Gesetz ergibt. Neben § 3 EFZG können daher beispielsweise auch § 14 ArbPlSchG oder Beschäftigungsverbote nach dem MuSchG[2] für eine Entgeltfortzahlungspflicht sorgen. Da nach § 2 Satz 1 BUrlG das BUrlG unmittelbar auch für Auszubildende gilt, ist Urlaub des Auszubildenden ebenfalls kein Fall von § 19 BBiG. Auch § 615 BGB verdrängt § 19 BBiG im Falle einer unwirksamen Kündigung durch den Ausbildenden[3] und greift auch dann, wenn die Ausbildung länger als 6 Wochen unterbleibt, weil der Auszubildende einem Betriebsübergang widersprochen hat.[4] Die Vorschriften des JArbSchG gelten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 JArbSchG unmittelbar für Auszubildende. Dass eine Entgeltminderung während des Besuchs der Berufsschule[5] während der in § 10 JArbSchG geregelten Zeiten[6] oder während nach dem JArbSchG vorausgesetzter ärztlicher Untersuchungen[7] nicht eintreten darf, ergibt sich daher ebenfalls nicht aus § 19 BBiG, sondern aus den genannten Bestimmungen. Auch § 616 BGB bleibt neben § 19 BBiG anwendbar. Im Gegensatz zu § 616 BGB kann für die in § 19 BBiG geregelten Verhinderungsgründe gem. § 25 BBiG eine Vergütungspflicht allerdings nicht vertraglich ausgeschlossen werden.[8]

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