Rz. 39

Wenn der Arbeitnehmer diese Mitteilungs- und Nachweispflichten verletzt, so hat der Arbeitgeber ein vorläufiges Leistungsverweigerungsrecht. D. h. er muss zunächst das Entgelt für die Dauer der Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme nicht fortzahlen. Wenn aber der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung nachträglich nachkommt und die Bewilligung oder Verordnung vorlegt oder den Arbeitgeber vom Kurbeginn informiert, so ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, das Arbeitsentgelt rückwirkend fortzuzahlen. Ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht erscheint nur in seltenen Ausnahmefällen vorstellbar.[1] Gleiches gilt für die Rechtfertigung einer Kündigung.[2] Sie setzt jedenfalls neben einer schuldhaften Verletzung der Mitteilungs- und Nachweispflicht voraus, dass der Arbeitgeber infolge des Pflichtverstoßes des Arbeitnehmers in unzumutbarer Weise gehindert ist, sich auf betriebliche Störungen einzurichten.

 
Hinweis

Der Arbeitnehmer kann im Extremfall die Bescheinigung nach Beendigung der Maßnahme vorlegen.[3] Wenn der Arbeitnehmer jedoch ohne jede Unterrichtung an den Arbeitgeber der Arbeit fernbleibt, so kann das nach Treu und Glauben[4] sogar ein endgültiges Leistungsverweigerungsrecht begründen.[5]

 

Rz. 40

Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Arbeitgeber gegen den Entgeltfortzahlungsanspruch seinerseits mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen kann. Wenn der Arbeitnehmer nämlich der Arbeit überraschend fernbleibt und dem Arbeitgeber deswegen ein Schaden entsteht, vor dem ihn die Mitteilungspflicht nach § 9 Abs. 2 schützen soll, kommt ein Schadensersatzanspruch[6] wegen der Verletzung des Arbeitsvertrags in Betracht.[7] Eine Kündigung dürfte demgegenüber kaum in Betracht kommen, weil es sich bei der Verletzung der Mitteilungs- und Nachweispflicht um einen einmaligen Vorwurf handeln dürfte, sodass keine Wiederholungsgefahr droht.[8]

[1] Schmitt, EFZG, § 9, Rz. 100.
[2] BAG, Urteil v. 5.5.1972, 5 AZR 447/71; Knorr/Krasney, § 9 EFZG, Rz. 48.
[5] BAG a. a. O.; Knorr/Krasney, § 9 EFZG, Rz. 46.
[7] BAG, Urteil v. 5.5.1972, 5 AZR 447/71; Kunz/Wedde, EFZR, § 9, Rz. 46; Schmitt, EFZG, § 9, Rz. 101.
[8] Kaiser/Dunkl/Hold, Kleinsorge, § 9 EFZG, Rz. 43; Schmitt, EFZG, § 9, Rz. 102; Kunz/Wedde, EFZR, § 9, Rz. 103 lassen die Kündigung bereits an der fehlenden Abmahnung scheitern; a. A. Knorr/Krasney, § 9 EFZG, Rz. 48; Reinhard, Erfurter Kommentar, 2021, § 9 Rz. 23.

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