Rz. 32

Die Kündigung des Arbeitnehmers muss durch einen von dem Arbeitgeber zu vertretenden wichtigen Grund veranlasst sein und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer das Verhalten des Arbeitgebers nur zum Anlass einer ordentlichen Kündigung nimmt. Damit nimmt die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 EFZG auf die Vorschrift des § 626 Abs. 1 BGB Bezug.[1]

 

Rz. 33

Für das Vorliegen eines wichtigen Grundes müssen Tatsachen gegeben sein, aufgrund derer dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.[2] Der Arbeitgeber muss den wichtigen Grund für die Kündigung zu vertreten, also vorsätzlich oder fahrlässig verursacht haben (§ 276 Abs. 1 BGB).[3] Die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB findet nach zutreffender Auffassung keine Anwendung. Der Arbeitnehmer kann während seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsverhältnis auch dann kündigen, wenn der wichtige Grund länger als 2 Wochen zurückliegt. § 8 Abs. 1 Satz 2 EFZG zwingt den Arbeitnehmer nicht, eine außerordentliche Kündigung zu erklären, sondern verlangt nur das Vorliegen eines wichtigen Grundes i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB. Dann ist aber die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht zu beachten.[4]

 
Praxis-Beispiel

Als wichtiger Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB kommen für den Arbeitnehmer z. B. in Betracht[5]:

  • grobe Beleidigung durch den Arbeitgeber,
  • ungerechtfertigte Verdächtigungen durch den Arbeitgeber (z. B. Diebstahl),
  • Gehaltsrückstände in erheblicher Höhe oder über einen längeren Zeitraum,
  • Missachtung zwingender Arbeitsschutzvorschriften.
[1] ErfK/Reinhard, 2021, § 8 EFZG, Rz. 11; Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 2018, § 8, Rz. 51.
[3] Wedde/Kunz, EFZG, § 8, Rz. 26.
[4] Zutreffend ErfK/Reinhard, 2021, § 8 EFZG, Rz. 11; Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 2018, § 8, Rz. 54; a. A. Henssler/Willemsen/Kalb/Vogelsang, Arbeitsrecht Kommentar, 2020, § 8 EFZG, Rz. 28; Staudinger/Oetker, BGB, 2019, § 616, Rz. 436.
[5] Vgl. ErfK/Reinhard, 2021, § 8 EFZG, Rz. 11; Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 2018, § 8, Rz. 52.

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