1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Regelung des § 6 EFZG normiert seit Inkrafttreten des Entgeltfortzahlungsgesetzes am 1.6.1994 einheitlich für alle Arbeitnehmer einen gesetzlichen Übergang von Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers gegenüber einem Dritten wegen Verdienstausfalls infolge eines schädigenden Ereignisses auf den Arbeitgeber. Die Vorläuferregelung des § 4 LFZG vom 22.7.1969 (BGBl I S. 946) ordnete in den alten Bundesländern bis dahin lediglich einen Forderungsübergang auf den Arbeitgeber bei Schädigung eines Arbeiters an. Für Angestellte bestand hingegen keine vergleichbare gesetzliche Regelung.[1] In den neuen Bundesländern enthielt bereits § 115c des AGB DDR vom 16.6.1977 in der Fassung vom 22.6.1990[2] für alle Arbeitnehmer einen gesetzlichen Forderungsübergang auf den Arbeitgeber bei Schadensersatzansprüchen der Arbeitnehmer wegen Verdienstausfalls gegenüber einem Dritten. Der Regelungsgehalt des § 6 EFZG wurde durch das Entgeltfortzahlungsgesetz auf alle Arbeitnehmer erstreckt und der Anspruchsübergang zusätzlich auf die Arbeitgeberanteile zur Pflegeversicherung ausgedehnt.[3] Das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25.9.1996 und das Korrekturgesetz vom 19.12.1998 haben § 6 EFZG nicht geändert. Die aktuelle Fassung der Vorschrift beruht auf dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I, S. 2848) und hat lediglich die Bezeichnung "Bundesanstalt für Arbeit" durch "Bundesagentur für Arbeit" ersetzt.

 

Rz. 2

§ 6 EFZG ordnet einen gesetzlichen Übergang von Forderungen des Arbeitnehmers gegenüber einem Dritten auf den Arbeitgeber an (§ 412 BGB), soweit es sich hierbei um Ansprüche des Arbeitnehmers auf Schadensersatz wegen Verdienstausfalls handelt. Die Vorschrift regelt die in der Praxis oft auftretende Fallkonstellation, dass ein Dritter die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers durch eine rechtswidrige schädigende Handlung schuldhaft verursacht (z. B. durch einen Verkehrsunfall), der Arbeitgeber wegen der bestehenden Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 Abs. 1 EFZG an den Arbeitnehmer leistet und dem Arbeitnehmer gegenüber dem Dritten aufgrund des Schadensereignisses ein Schadensersatzanspruch wegen erlittenen Verdienstausfalls zusteht.

 

Rz. 3

Der gesetzliche Forderungsübergang nach § 6 EFZG verhindert, dass der Arbeitnehmer einen nicht sachgerechten doppelten finanziellen Ausgleich erhält, da er gleichzeitig von dem Schädiger einen Schadensersatzanspruch wegen Verdienstausfalls und von seinem Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verlangen kann.[4] Leistet der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall an den Arbeitnehmer, erleidet dieser zwar tatsächlich keinen Verdienstausfall. Dies führt aber zu keiner Entlastung zugunsten des Schädigers. Dieser bleibt trotz Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall seitens des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet und kann sich nicht darauf berufen, dass dem Arbeitnehmer wegen der Entgeltfortzahlung kein Verdienstausfall und damit kein ausgleichsfähiger Schaden entsteht.[5] Die Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes dienen ausschließlich dem Schutz des Arbeitnehmers und nicht dem Dritten.[6] Der Schädiger haftet daher nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften für die von ihm verursachten Schäden.

 

Rz. 4

Normzweck des § 6 EFZG ist zudem eine Kostenentlastung des Arbeitgebers.[7] Auch vor diesem Hintergrund soll der Schädiger nicht von der gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall profitieren können. Er soll nicht besser gestellt werden als andere Schädiger in vergleichbarer Situation, die z. B. bei einem selbstständig Tätigen eine Arbeitsunfähigkeit herbeiführen.[8] Der Arbeitgeber hat daher aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs die Möglichkeit, die von ihm geleistete Entgeltfortzahlung an den Arbeitnehmer in Höhe der tatsächlich geleisteten Zahlungen von dem Schädiger ersetzt zu verlangen. Er trägt bei der Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs jedoch das Prozess- und Realisierungsrisiko (z. B. bei Zahlungsunfähigkeit des Schädigers).[9]

 

Rz. 5

Der Arbeitnehmer wird durch den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 6 EFZG in seiner Rechtsstellung nicht beeinträchtigt. Ohne die gesetzlich normierte Pflicht des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 Abs. 1 EFZG müsste er seinen Schadensersatzanspruch wegen Verdienstausfalls gegenüber dem Schädiger selbst durchsetzen und hätte das Risiko eines Prozesses und der Realisierbarkeit selbst zu tragen.[10]

Die Regelung des § 6 Abs. 2 EFZG legt ihm aber Mitwirkungspflichten gegenüber dem Arbeitgeber auf, deren Verletzung § 7 EFZG durch die Einräumung eines Leistungsverweigerungsrechts für den Arbeitgeber sanktioniert. Schließlich wird der Arbeitnehmer durch § 6 Abs. 3 EFZG vor einer Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber oder einen Sozialversicherungsträger geschützt, wenn diese von dem Schädiger keinen oder keinen vo...

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