Rz. 77

Das in § 5 Abs. 2 EFZG vorgesehene Verfahren findet in der Praxis häufig keine Anwendung, weil in Ländern, in denen die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 i. V. m. (EG) Nr. 987/2009[1] Anwendung finden, ein vereinfachtes Verfahren gilt. Alle Länder der Europäischen Union, aber auch die Länder, die dem europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehören und damit Island, Liechtenstein und Norwegen, nehmen hieran teil. Darüber hinaus bestehen mit anderen Ländern zum Teil zwischenstaatliche Sozialversicherungsabkommen (z. B. Schweiz, Marokko, Tunesien, Türkei[2], Rumänien, Bundesrepublik Jugoslawien, Kroatien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina).

Nach den inhaltlich weitgehend übereinstimmenden Regelungen muss sich der gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer an den für seinen Aufenthaltsort zuständigen ausländischen Sozialversicherungsträger wenden und dort die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes vorlegen. Die weiteren Benachrichtigungen erfolgen dann durch den Sozialversicherungsträger.[3] Der Arbeitnehmer hat deshalb seine Anschrift und den Namen der deutschen Krankenkasse anzugeben. Nachdem die deutsche Krankenversicherung vom ausländischen Sozialversicherungsträger informiert ist, setzt sie den Arbeitgeber von der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtlicher Dauer in Kenntnis.

Die Pflichten des Arbeitnehmers, der dieses vereinfachte Verfahren wahrnehmen will, ergeben sich aus Merkblättern der gesetzlichen Krankenkassen. Erfüllt der Arbeitnehmer diese Pflichten, genügt er auch seinen Pflichten aus § 5 Abs. 2 EFZG – sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch der Krankenkasse.[4] Es steht aber in der freien Entscheidung des Arbeitnehmers, ob er an dem vereinfachten Verfahren teilnimmt, oder ob er seinen Nachweispflichten aus § 5 Abs. 2 i. V. m. § 5 Abs. 1 EFZG nachkommen will.[5] Er muss dann allerdings damit rechnen, dass er besondere Kosten selbst zu tragen hat, wenn er nicht am vereinfachten Verfahren teilnimmt.

Das vereinfachte Verfahren findet nur Anwendung bei Arbeitnehmern, die Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung sind. Privat versicherte Arbeitnehmer müssen weiterhin den Mitteilungs- und Nachweispflichten nach § 5 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 2 EFZG nachkommen.

[1] Die Verordnung (EWG) 574/72 ist mit Wirkung zum 1.5.2010 bis auf wenige in Art. 96 Abs. 1 der Verordnung genannte Fälle aufgehoben worden.
[4] Vgl. Müller/Berenz, EFZG, § 5, Rz. 86.
[5] BAG, Urteil v. 18.9.1985, 5 AZR 240/84, EzA LohnFG § 3 Nr. 11; Müller/Berenz, EFZG, § 5, Rz. 89.

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