Rz. 53

Der Gesetzgeber hat bei der Regelung des § 5 Abs. 1a Satz 1 EFZG das Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers nach § 7 EFZG nicht ausdrücklich angepasst. Damit scheint der Widerspruch zu entstehen, dass der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG weiterhin berechtigt ist, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern, solange der Arbeitnehmer die ärztliche Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 EFZG nicht vorlegt – zu deren Vorlage aber der gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1a Satz 1 EFZG ab 1.1.2023 gerade nicht mehr verpflichtet ist. Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG lässt sich dennoch in das neue System der Nachweispflichten eingliedern: Er beschränkt sich ab dem 1.1.2023 auf Arbeitnehmer, die nicht gesetzlich krankenversichert sind, da auf sie § 5 Abs. 1a EFZG ohnehin keine Anwendung findet – sie müssen also weiterhin gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 bis 5 EFZG ihrem Arbeitgeber eine papierene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Selbst wenn Arbeitnehmer gesetzlich krankenversichert sind, müssen sie eine papierene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen, wenn die Ausnahmetatbestände des § 5 Abs. 1a Satz 3 EFZG auf sie zutreffen: Sie üben entweder eine geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten aus (Nr. 1) oder der sie beurteilende Arzt nimmt nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teil (Nr. 2).[2]

Der Arbeitgeber darf also umgekehrt bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern für den Fall, dass es zu Störungen beim Abruf im Rahmen des elektronischen Meldeverfahrens nach § 5 Abs. 1a EFZG kommt, an sich die Leistung nicht verweigern.[3]

 
Praxis-Tipp

Im Regelfall weiß der Arbeitgeber aber nicht, ob der Arbeitnehmer seiner Feststellungspflicht nicht nachgekommen ist oder ob es technische Fehler bei der Datenübermittlung gab. In einem solchen Fall sollte man als Arbeitgeber den Arbeitnehmer zunächst darum bitten, die ärztliche Bescheinigung (ggf. geschwärzt um den Diagnoseschlüssel) vorzulegen. Der Arbeitnehmer ist zur Vorlage zwar nicht verpflichtet; gleichwohl wird sich auf diese Weise die Beweisproblematik auf schnellstem Weg lösen lassen.[4] Kommt der Arbeitnehmer der Bitte nicht nach und hat der Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit, kann er die Voraussetzungen des Entgeltfortzahlungsanspruchs verneinen und kein Entgelt an den Arbeitnehmer zahlen, d. h. es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen.[5]

[1] Vgl. hierzu auch Springer, § 7 EFZG, Rn. 7 f.
[2] Vgl. Rz. 50.
[3] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG AAG, 9. Aufl. 2023, § 7, Rz. 7.
[4] Vgl. insoweit auch Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG AAG, 9. Aufl. 2023, § 5, Rz. 183 ff.
[5] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG AAG, 9. Aufl. 2023, § 5, Rz. 250; ErfK/Reinhard § 7 EFZG, Rz. 3.

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