Rz. 10

Nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG hat die Mitteilung unverzüglich zu erfolgen. Nach der gesetzlichen Definition in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB bedeutet dies "ohne schuldhaftes Zögern".

 
Hinweis

Der Arbeitnehmer muss deshalb in der ersten Betriebsstunde am ersten Tag der Erkrankung den Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer informieren.

Will der Arbeitnehmer bereits am ersten Tag seiner Erkrankung einen Arzt aufsuchen, kann er mit der Mitteilung nicht zuwarten, bis er den Arztbesuch abgewickelt hat. Er muss vielmehr aufgrund seiner eigenen subjektiven Einschätzung die voraussichtliche Dauer mitteilen.[1] Weicht die Prognose des Arztes wesentlich von seiner eigenen ab, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dies dem Arbeitgeber wiederum mitzuteilen. Das Gleiche gilt, wenn er aus eigener, subjektiver Einschätzung nicht verlässlich absehen kann, wie lange die Arbeitsunfähigkeit andauern wird und deshalb auf seinen anstehenden Arztbesuch verweist.[2] Es reicht insofern nicht aus, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber postalisch eine vom Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schickt. Gerade dann, wenn er die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit offen ließ, genügt die postalische Benachrichtigung nicht mehr dem Erfordernis der "Unverzüglichkeit". Vielmehr muss der Arbeitnehmer nach Konsultation eines Arztes seine Angaben vorab – z. B. telefonisch – ergänzen oder berichtigen.

 

Rz. 11

Da es nicht auf den Abgang der Mitteilung beim Arbeitnehmer, sondern auf den Zugang der Mitteilung beim Arbeitgeber ankommt, wird die briefliche Information auch ansonsten in aller Regel nicht dem Erfordernis einer unverzüglichen Information genügen. Dies ergibt sich bereits aus den Postlaufzeiten. Der Arbeitnehmer ist deshalb in der Regel auf eine Mitteilung per Telefon, Telefax, SMS oder E-Mail zu verweisen.[3] Der Arbeitnehmer kann sich dabei auch dritter Personen bedienen (Familienangehörige, Freunde, Arbeitskollegen, Nachbarn etc.). Dies wird insbesondere dann erforderlich sein, wenn er gesundheitlich nicht in der Lage ist, die Mitteilung selbst gegenüber dem Arbeitgeber vorzunehmen oder ihm Kommunikationsmittel, die eine unverzügliche Mitteilung erlauben, nicht zur Verfügung stehen – was sicherlich der Ausnahmefall sein wird.

 

Rz. 12

Da eine Mitteilung nur dann nicht mehr unverzüglich ist, wenn sie schuldhaft verspätet erfolgt, ist dem Arbeitnehmer kein Vorwurf zu machen, wenn er aufgrund der Art der Erkrankung an der unverzüglichen Mitteilung verhindert ist, z. B. bei längerer Bewusstlosigkeit oder einem schweren Unfall mit schweren Verletzungsfolgen.[4] Auch dann, wenn Überbringungsmittel wie Telefax den Arbeitgeber wegen technischer Defekte, die für den Arbeitnehmer nicht ersichtlich sind, nicht erreichen, ist schuldhaftes Verhalten auszuschließen.

Ausreichend ist es aber nicht, wenn der Arbeitnehmer lediglich einmal telefonisch versucht, den Arbeitgeber zu erreichen und dies zunächst fehlschlägt, weil die Leitung besetzt ist oder niemand abnimmt. Er muss hier vielmehr in aller Regel so viele Versuche unternehmen, bis er den Arbeitgeber bzw. den zuständigen Mitarbeiter erreicht.

Ausreichend ist es auch nicht, wenn die Mitteilung erst an dem ersten Arbeitstag des Arbeitnehmers, der auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit folgt, vorgenommen wird. Es kommt deshalb nicht auf die persönliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers an.

 
Praxis-Beispiel
  1. Eine Arbeitnehmerin befindet sich in Elternzeit, die am 15.3. endet. Am 2.3. erkrankt sie so schwer, dass absehbar ist, dass sie am 16.3. die Arbeit nicht wird aufnehmen können.
  2. Eine andere Arbeitnehmerin arbeitet von Montag bis Mittwoch. Am Donnerstag erkrankt sie.

Die Arbeitnehmerin im Beispiel 1 müsste zwar erst am 16.3. ihre Arbeitsleistung erbringen. Es ist aber nicht mehr unverzüglich, wenn sie erst in den ersten Betriebsstunden des 16.3. ihre Arbeitsunfähigkeit mitteilt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Arbeitsverhältnis ruht. Denn der Arbeitgeber richtet sich aufgrund des Endes der Elternzeit auf eine Arbeitsaufnahme am 16.3. ein. Dasselbe würde gelten, wenn die Arbeitnehmerin nach Beendigung eines Sonderurlaubs die Arbeit wieder aufnehmen soll. Damit der Arbeitgeber möglichst frühzeitig die notwendigen Dispositionen zur Überbrückung des Ausfalls der Arbeitnehmerin treffen kann, muss die Arbeitnehmerin deshalb den Arbeitgeber bereits am 2.3. unterrichten.

Auch die Arbeitnehmerin, die am Donnerstag erkrankt (Beispiel 2), darf mit ihrer Mitteilung nicht bis zum folgenden Montag warten. Sie muss den Arbeitgeber vielmehr bereits am Donnerstag unterrichten.[5] Das Gleiche gilt für alle Mitarbeiter mit Arbeitszeiten, die sich nicht gleichmäßig auf die ganze Woche verteilen (z. B. kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit).

 

Rz. 13

Bei einer Erkrankung im Urlaub besteht die Pflicht aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG grundsätzlich weiter. Sinn ergibt die Mitteilungspflicht hier allerdings nur insoweit, als der Arbeitnehmer aufgrund der Art ...

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