Rz. 30

Kürzungsvereinbarungen müssen die in § 4a Satz 2 EFZG geregelten Grenzen einhalten.

 
Wichtig

Halten sich Kürzungsvereinbarungen nicht an die Höchstgrenze des § 4a Satz 2 EFZG sind sie nichtig (§ 134 BGB). Sie werden daher nicht auf das nach § 4a Satz 2 EFZG zulässige Maß reduziert, vielmehr sind sie insgesamt nicht anwendbar. Die Sondervergütung ist daher ungekürzt auszuzahlen. Nichts anderes gilt, wenn die Kürzung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen i. S. d. §§ 305 ff. BGB enthalten ist. Sie sind nach § 307 Abs. 1 i. V. m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. § 4a EFZG ist auch nicht gemäß § 306 Abs. 2 BGB ergänzend heranzuziehen. Denn § 4a EFZG enthält noch nicht die Berechtigung zur Kürzung, sondern verlangt gerade eine entsprechende Vereinbarung.[1]

Danach darf die Kürzung für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten. Bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts in diesem Sinne darf die Sondervergütung nicht berücksichtigt werden.[2] Denn maßgeblich ist allein das Entgelt, das für die Berechnung der Entgeltfortzahlung nach § 4 Abs. 1 EFZG zugrunde zu legen ist.[3] § 4 Abs. 1 EFZG erfasst Sondervergütungen i. S. d. § 4a EFZG jedoch nicht, sondern nur arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlungen mit reinem Entgeltcharakter.[4]

Zwei weitere Argumente sprechen für dieses Ergebnis: Als Arbeitsentgelt i. S. d. § 4a Satz 2 EFZG kann immer nur zurückliegendes Entgelt gemeint sein, ansonsten könnte es als Berechnungsgrundlage nicht zur Verfügung stehen. Die zu kürzende Sondervergütung wird aber erst noch ausbezahlt. Zudem würde die Sondervergütung zum Bestandteil einer Berechnung gemacht, aus der sich das zulässige Maß ihrer Kürzung erst ergeben soll.[5]

Insbesondere bei Arbeitsverhältnissen, in denen die Vergütung monatlich schwankt, kann die Berechnung der Entgeltfortzahlung nicht unerhebliche Schwierigkeiten bereiten. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber nicht geregelt hat, welcher "Jahresdurchschnitt" genommen werden muss: Der aus dem letzten Kalenderjahr, aus dem laufenden Kalenderjahr oder aus den letzten 12 Monaten vor Beginn des Monats, in dem der Anspruch auf Zahlung der Sondervergütung besteht.[6] Es ist zulässig und dringend anzuraten, in der Kürzungsvereinbarung selbst den Zeitraum konkret zu bezeichnen, der der Berechnung des Arbeitsentgelts zugrunde gelegt werden soll.[7] Angesichts dessen, dass durch den 12-Monats-Zeitraum gewährleistet ist, dass innerhalb eines Jahres regelmäßig auftretende Schwankungen (z. B. bei wetterabhängigen Beschäftigungen oder stark saisonabhängigen Betrieben) ausgeglichen werden, sprechen keine ausschlaggebenden Argumente für nur einen der oben genannten Zeiträume. Jedenfalls dann, wenn keine vertragliche Bestimmung erfolgt, dürfte das Jahr vor Fälligkeit der Sondervergütung maßgeblich sein.[8]

 

Rz. 31

Der Gesetzgeber hat keine genauen Vorgaben gemacht, wie viele Arbeitstage zugrunde zu legen sind, wenn das Arbeitsentgelt, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, ermittelt wird. Zunächst ist jedenfalls die individuelle Arbeitszeit des Arbeitnehmers und deren Verteilung zu betrachten. Demgemäß sind z. B. bei Teilzeitbeschäftigten, die nicht an jedem im Betrieb üblichen Wochentag arbeiten, nur die Tage in Ansatz zu bringen, an denen sie tatsächlich arbeiten.

Danach stellt sich jedoch eine weitere Abgrenzungsfrage: Sind alle potenziellen Arbeitstage des zugrunde zu legenden Jahres maßgeblich oder nur die Arbeitstage, für die der Arbeitnehmer Entgelt bezogen hat (vgl. nachfolgend Rz. 33). Abzulehnen ist jedenfalls die Auffassung, dass Urlaubstage unberücksichtigt zu bleiben haben.[9] Hierdurch erhöhte sich der Kürzungsbetrag, ohne dass hierfür eine Rechtfertigung ersichtlich wäre.

 
Praxis-Beispiel

Ein Arbeitnehmer verdient jährlich 33.000 EUR. Bei einer 5-Tage-Woche und damit 250 Arbeitstagen (vgl. hierzu das Beispiel in Rz. 32) entfallen 132 EUR auf einen Arbeitstag nach § 4a Satz 2 EFZG. Der maximale Kürzungsbetrag pro Krankheitstag beliefe sich auf 33 EUR. Würden z. B. 30 Tage Urlaub abgezogen, wären nur noch 220 Arbeitstage zu berücksichtigen. Das auf einen Arbeitstag entfallende Arbeitsentgelt beliefe sich auf 150 EUR und der Kürzungsbetrag von 1/4 auf 37,50 EUR.

Die Berechnung ohne Urlaubstage ließe unberücksichtigt, dass der Anspruch nach § 1 BUrlG auf bezahlten Erholungsurlaub ein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der ansonsten nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB bestehenden Arbeitspflicht ist, für die der Arbeitgeber nach § 611a Abs. 2 BGB die vereinbarte Vergütung zahlen muss.[10] Wenn also während des Urlaubs gemäß § 1 BUrlG genau die Vergütung als Urlaubsentgelt fortgezahlt wird, die der Arbeitgeber nach § 611a Abs. 2 BGB für geleistete Arbeit zu zahlen hätte, ist kein Grund erkennbar, weshalb bei der Berechnung des Arbeitsentgelts i. S. d. § 4a Satz 2 EFZG zwischen Vergütung aufgrund tatsächlich geleisteter Arbeit und Urlaubsentgelt ein Unterschied gema...

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