Rz. 111

Beim Akkordlohn handelt es sich um die wichtigste leistungsbezogene Lohnform. Bezugspunkt für die Vergütung ist hier die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsmenge, die z. B. nach Stückzahl, Gewicht, Maß, Fläche oder Strecke gemessen wird, wobei der Arbeitsmengeneinheit ein Geldbetrag (Geldakkord) oder eine feste Vorgabezeit als Verrechnungsfaktor (Zeitakkord) zugeordnet wird.[1] In der jeweiligen Rechtsgrundlage des Akkordlohns sind häufig Mindestentgeltgarantien aufgenommen, die gewährleisten, dass dem Arbeitnehmer auch bei schwankender Arbeitsleistung ein Mindesteinkommen verbleibt.[2]

 

Rz. 112

Beim Einzelakkord wird die Arbeit eines konkreten Arbeitnehmers betrachtet und gefragt, welchen Verdienst dieser Arbeitnehmer vermutlich erzielt hätte, wäre er gesund geblieben.[3]

 
Hinweis

Zunächst ist zur Ermittlung des "erzielbaren Durchschnittsverdienstes" auf alle verfügbaren Indizien zurückzugreifen, etwa auf Erfahrungswerte aus der Vergangenheit. Nur wenn dies nicht möglich ist, etwa weil die Leistungen stark schwanken und deshalb Erfahrungswerte nicht vorliegen, ist auf einen in der Vergangenheit liegenden Durchschnittsverdienst abzustellen.[4]

Hierbei ist es sachgerecht, vom Durchschnittsverdienst in einem bestimmten und bereits abgerechneten Bezugszeitraum auszugehen, der so zu wählen ist, dass ein sachgerechtes Ergebnis erzielt wird.[5] Einen festen Bezugszeitraum kann es deshalb nicht geben. Das Bundesarbeitsgericht[6] hat in einem entschiedenen Fall einen Betrachtungszeitraum von 4 Wochen als sachgerecht angesehen.[7] Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es jedoch auch notwendig sein, auf einen längeren Bezugszeitraum von 3 Monaten (bzw. 13 Wochen) oder sogar von einem Jahr zurückzublicken; dies gilt insbesondere bei stärker schwankenden leistungsabhängigen Vergütungsbestandteilen.[8]

 
Hinweis

Entscheidend ist in jedem Fall, dass Zufallsergebnisse ausgeschlossen werden können.[9]

 

Rz. 113

Besondere Ereignisse im Vergleichszeitraum (so etwa vorübergehende Kurzarbeit, vorübergehendes Aussetzen der Akkordarbeit, Fehlzeiten) sind für die Berechnung des erzielbaren Durchschnittsverdienstes auszuklammern[10], es sei denn, es kann mit ihrer Wiederholung während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit gerechnet werden.

 

Rz. 114

Hatte der Arbeitnehmer vor seiner Erkrankung noch keine oder erst seit kurzem Akkordarbeit geleistet, etwa weil er gegen Zeitentgelt beschäftigt war, oder hat sich die Art des Leistungsentgelts verändert, so ist insofern der Durchschnittsverdienst eines nach Erfahrung, Fertigkeit und Ausbildung vergleichbaren Arbeitnehmers zugrunde zu legen.[11] Führt auch diese Betrachtung zu keinem zufrieden stellenden Ergebnis, so ist notfalls eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO vorzunehmen.[12]

 

Rz. 115

Beim Gruppenakkord leisten mehrere Arbeitnehmer die Arbeit; sie erhalten das Entgelt entweder gleichmäßig oder nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel.[13] Hier ist es bei Erkrankung eines Arbeitnehmers sachgerecht, auf das erzielte Entgelt der gesunden Gruppenkollegen zurückzugreifen, um den individuellen Verdienst des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers zu ermitteln. Es ist wahrscheinlich, dass der erkrankte Arbeitnehmer eine dem Verdienst der übrigen Arbeitnehmer entsprechende Vergütung erzielt hätte.[14] Das BAG betont ausdrücklich, dass dies auch bei einer aus 2 Personen bestehenden Akkordgruppe gilt, wenn der verbleibende Arbeitnehmer allein im Akkord weiterarbeitet. Ist die Betrachtung des Verdienstes der Gruppenkollegen gleichwohl nicht sachgerecht – etwa weil die anderen Gruppenmitglieder infolge des Ausfalls des erkrankten Arbeitnehmers nunmehr im Zeitlohn arbeiten mussten[15], oder weil 2 von 3 Gruppenmitgliedern erkrankten und statt ihrer ein "besonders tüchtiger" anderer, bislang nicht zur Gruppe gehörender Arbeitnehmer mit dem verbleibenden dritten Kollegen zusammenarbeitet[16] –, so fehlt eine brauchbare Vergleichsgrundlage. Hier ist es sachgerecht, ähnlich der Vorgehensweise beim Einzelakkord an den Verdienst anzuknüpfen, den der Arbeitnehmer unmittelbar vor seiner Erkrankung bei annähernd gleichen Arbeitsbedingungen erzielt hatte.[17]

[1] Küttner/Griese, Personalbuch 2023, 30. Aufl. 2023, Leistungsorientierte Vergütung, Rz. 2.
[2] BAG, Urteil v. 20.1.1988, 4 AZR 487/87, DB 1988, S. 1119, AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge Textilindustrie; vgl. auch Küttner/Griese, Personalbuch 2023, 30. Aufl. 2023, Leistungsorientierte Vergütung, Rz. 2; zur Beachtung des Mindestlohns vgl. BAG, Urteil v. 25.5.2016, 5 AZR 135/16, AP Nr. 1 zu § 1 MiLoG, NZA 2016, S. 1327.
[3] KassArbR/Vossen, 2. Aufl. 2000, 2.2, Rz. 384.
[4] Wedde/Kunz, EFZG, 4. Aufl. 2015, § 4 EFZG, Rz. 48; Knorr/Krasney/v. Creytz, EFZ, Loseblatt, Stand: 7/2023, F, S. 434 f., Rz. 87.
[7] Ebenso KassArbR/Vossen, 2. Aufl. 2000, 2.2, Rz. 385; Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 4 EFZG, Rz. 159; Kunz/Wedde, EFZR, 2. A...

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