Rz. 101

Für die Frage, ob der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bereits am Tag der Erkrankung oder danach beginnt, ist zu differenzieren: Tritt die Erkrankung erst während oder nach der vollständigen Arbeitsleistung, also jedenfalls nach der täglichen Arbeitsaufnahme ein, beginnt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung erst am nächsten Kalendertag (§ 187 Abs. 1 BGB). Für den Tag der (teilweisen) Arbeitsleistung erhält der Arbeitnehmer sein Entgelt.[1] Unterschiede zur Anspruchsbejahung liegen nur in der Begründung, sofern der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nicht vollumfänglich erbracht hat. Während teilweise aus Gewohnheitsrecht[2] oder der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers der uneingeschränkte Anspruch nach § 611a BGB bejaht wird, ist nach anderer Ansicht[3] auf § 3 EFZG zurückzugreifen, wobei wegen der Berechnungsvorschrift des § 187 Abs. 1 BGB nur volle Tage für die 6-Wochen-Frist zählen.

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitnehmer nimmt am 1.7. (Montag) wie regelmäßig um 8 Uhr seine Arbeit auf. Da er an einer Magenverstimmung leidet, verlässt er vor Arbeitsende bereits um 14 Uhr seinen Arbeitsplatz und meldet sich nach einem Arztbesuch für die nächsten Tage krank. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 EFZG beginnt am 2.7., für den 1.7. hat der Arbeitnehmer einen uneingeschränkten Lohnanspruch.

 

Rz. 102

Etwas anderes gilt entgegen dem Wortlaut des § 187 Abs. 1 BGB dann, wenn der Arbeitnehmer vor der Arbeitsaufnahme erkrankt und die Arbeit erst gar nicht aufnimmt. In diesem Fall gilt der Tag der Erkrankung bereits als erster Tag der Entgeltfortzahlung.[4]

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitnehmer fühlt sich bereits am Morgen des 1.7. nicht in der Lage, die Arbeit aufzunehmen, und meldet sich sogleich arbeitsunfähig krank. Der 6-Wochen-Zeitraum der Entgeltfortzahlung beginnt am 1.7.

 

Rz. 103

Erkrankt der Arbeitnehmer an einem Sonn- oder Feiertag, an dem keine Arbeitspflicht besteht, beginnt die Entgeltfortzahlung und die Berechnung der 6-Wochen-Frist mit dem ersten aufgrund der Krankheit ausgefallenen Arbeitstag.

[1] BAG, Urteil v. 4.5.1971, 1 AZR 305/70, AP Nr. 3 zu § 1 LohnFG, DB 1971, 1482.
[2] BAG, Urteil v. 22.2.1973, 5 AZR 461/72, AP Nr. 28 zu § 1 LohnFG; BAG, Urteil v. 4.5.1971, 1 AZR 305/70, AP Nr. 3 zu § 1 LohnFG, DB 1971, 1482.
[3] Treber, EFZG, 2. Aufl. 2007, § 3 EFZG, Rz. 111; Vogelsang, Entgeltfortzahlung, 2003, Rz. 179.
[4] ErfK/Reinhard, 24. Aufl. 2024, § 3 EFZG, Rz. 34.

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