Rz. 97

Mit Fragen des Verschuldens hat die Rechtsprechung sich häufig im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen auseinander zu setzen. Ein die Entgeltfortzahlung ausschließendes Verschulden wird dabei dann angenommen, wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig Verkehrsvorschriften verletzt und dadurch seine Gesundheit leichtfertig aufs Spiel gesetzt hat.[1] Verkehrsteilnehmer sind nicht nur Autofahrer, sondern auch Fahrradfahrer und Fußgänger, sodass auch diese ein anspruchsausschließendes Verschulden treffen kann, wenn sie Verkehrsvorschriften verletzen.

 

Rz. 98

Einen besonderen Schwerpunkt bilden die Verkehrsunfälle, die unter Alkoholeinfluss verursacht wurden. Stellt der Alkoholeinfluss die einzige Unfallursache dar, ist unproblematisch ein Verschulden des Arbeitnehmers i. S. d. § 3 EFZG zu bejahen.[2] Ein schuldhaftes Verhalten kann auch darin liegen, in einem Fahrzeug mitzufahren, dessen Fahrer erkennbar unter Alkoholeinfluss steht.[3] Nur bei Jugendlichen war die Rechtsprechung teilweise in der Annahme eines Verschuldens zurückhaltender, da diesen die Folgen des Alkoholkonsums nicht immer hinreichend bewusst seien.[4] Diese Rechtsprechung dürfte überholt sein, da seitdem die Aufklärung Jugendlicher über die Folgen und Gefahren des Alkoholgenusses wesentlich verbessert wurde. Zumindest Jugendliche ab 16 Jahren dürften im Hinblick auf den Verschuldensmaßstab wie Erwachsene zu behandeln sein.

 
Praxis-Beispiel

Verschulden ist in folgenden Fällen bejaht worden

  • Fahren mit abgefahrenen Reifen[5]
  • Abkommen von regennasser und kurvenreicher Straße[6]
  • Nichtanlegen des Sicherheitsgurts[7]
  • Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit[8]
  • Vorfahrtsverletzung[9]
[1] BAG, Urteil v. 23.11.1971, 1 AZR 388/70, AP Nr. 8 zu § 1 LohnFG; Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 3 EFZG, Rz. 169,

ErfK/Reinhard, 24. Aufl. 2024, § 3 EFZG, Rz. 26; Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, EFZG, 5. Aufl. 2000, § 3 EFZG, Rz. 103.

[2] BAG, Urteil v. 11.3.1987, 5 AZR 739/85, AP Nr. 71 zu § 1 LohnFG, DB 1987, 1495,

Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 3 EFZG, Rz. 171.

[3] LAG Düsseldorf, Urteil v. 2.10.1968, 3 Sa 185/68, DB 1968, 1908.
[7] BAG, Urteil v. 7.10.1981, 5 AZR 1113/79, AP Nr. 46 zu § 1 LohnFG, DB 1982, 496.
[9] Hessisches LAG, Urteil v. 9.7.1973, 1 Sa 758/72, EEK I/224.

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