Rz. 34

Bei der Schichtarbeit ergeben sich deshalb Schwierigkeiten, weil es Überlappungen der Schichten mit dem Beginn oder Ende des Feiertags geben kann. Fällt eine Nachtschicht komplett deshalb aus, weil ihr Beginn oder Ende auf einen gesetzlichen Feiertag fällt, ist die Arbeit infolge des Feiertags weggefallen. Deshalb haben die betroffenen Arbeitnehmer Anspruch auf Feiertagsvergütung auch für die Stunden der Schicht, die nicht auf den Feiertag fallen (BAG, Urteil v. 15.5.2013, 5 AZR 139/12[1]).

 

Beispiel 1

In einem Betrieb beginnt die Nachtschicht um 22 Uhr. Da ab 0 Uhr gesetzlicher Feiertag ist, fällt die Schicht komplett aus.

 

Rz. 35

Wird in einem Betrieb in 3 Schichten gearbeitet, kann sich der Feiertag meist auf 2 Schichten voll und auf 2 weitere Schichten teilweise auswirken.

 

Beispiel 2

In einem Betrieb dauert die Nachtschicht von 22 Uhr bis 6 Uhr, die Frühschicht von 6 Uhr bis 14 Uhr, die Spätschicht von 14 Uhr bis 22 Uhr. Vom gesetzlichen Feiertag werden die Nachtschicht ab 0 Uhr, die gesamte Früh- und Spätschicht sowie von der nächsten Nachtschicht die Zeiten von 22 Uhr bis 24 Uhr betroffen.

Für solche Fälle sieht das Arbeitszeitgesetz Gestaltungsmöglichkeiten vor, die sich allerdings nicht auf den Vergütungsanspruch nach § 2 Abs. 1 EFZG auswirken, sondern allein Ausnahmen vom öffentlich-rechtlichen Feiertagsarbeitsverbot nach § 9 Abs. 1 ArbZG zulassen:

Nach § 9 Abs. 2 ArbZG kann in mehrschichtigen Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht der Beginn oder das Ende der Feiertagsruhe um bis zu 6 Stunden vor- oder zurückverlegt werden, wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht.

Damit besteht die Möglichkeit, die Nachtschicht am Vorfeiertag bereits 2 Stunden vor Beginn des Feiertags ausfallen zu lassen und am Feiertag um 22 Uhr wieder mit der Arbeit zu beginnen. § 9 Abs. 1 ArbZG, der grundsätzlich jede Arbeit am Feiertag verbietet, steht dem nicht entgegen.

Die ausgefallene Nachtschicht, die am Vorfeiertag begonnen hat, ist nach § 2 Abs. 1 EFZG zu vergüten. Tarifliche Abweichungen sind gem. § 12 EFZG unwirksam (BAG, Urteil v. 15.5.2013, 5 AZR 139/12[2]). Die am Feiertag um 22 Uhr beginnende Nachtschicht begründet dagegen keinen Feiertagsvergütungsanspruch, weil die Arbeit nicht ausfällt.[3]

Möglich wäre in obigem Beispiel aber auch, die um 22 Uhr am Vortag des Feiertags beginnende Nachtschicht bis um 6 Uhr am Feiertag durchzuführen und dafür die Nachtschicht ab 22 Uhr am Feiertag bis zum Folgetag um 6 Uhr ausfallen zu lassen. Dann haben die in der um 22 Uhr am Vortag des Feiertags beginnenden Nachtschicht beschäftigten Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Feiertagsvergütung, denn die Schicht fällt ja nicht aus. Dagegen haben aber die Arbeitnehmer der ausgefallenen Nachtschicht von 22 Uhr am Feiertag bis um 6 Uhr des Folgetags einen Anspruch nach § 2 Abs. 1 EFZG, obwohl die Arbeit überwiegend nicht auf den gesetzlichen Feiertag fällt.[4]

Besteht in einem Betrieb ein Betriebsrat, hat dieser nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ein echtes Mitbestimmungsrecht bei der Entscheidung, welche Nachtschicht infolge des gesetzlichen Feiertags ausfallen soll. Dies geschieht in aller Regel durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung, die nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse einwirkt. Allerdings ist die so festgelegte "Feiertagsschicht" nicht für die Feiertagsvergütung entscheidend. Weder die Betriebsparteien noch die Tarifvertragsparteien können in den Feiertagsvergütungsanspruch zulasten der Arbeitnehmer eingreifen, § 12 EFZG (BAG, Urteil v. 15.5.2013, 5 AZR 139/12[5]).

[1] NZA 2013 S. 974 f.; BAG, Urteil v. 26.1.1962, 1 AZR 461/60 und BAG, Urteil v. 26.1.1962, 1 AZR 409/60; Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, § 2 EFZG, Rz. 24; kritisch MHdB ArbR/Tillmanns, 5. Aufl. 2021, § 78, Rz. 22, weil die Arbeit bis 24.00 Uhr des Vortages nicht wegen des Feiertags ausfalle, sondern weil Arbeitgeber, Betriebspartner oder Tarifvertragsparteien eine entsprechende organisatorische Entscheidung treffen; HzA, Vossen, Gruppe 2, Rz. 820; ErfK/Reinhard, 21. Aufl. 2021, § 2 EFZG, Rz. 15.
[2] NZA 2013, 974 f. unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren gegenteiligen Rechtsprechung in den Urteilen v. BAG, Urteil v. 26.1.1962, 1 AZR 461/60 und BAG, Urteil v. 26.1.1962, 1 AZR 409/60.
[3] ErfK/Reinhard, 21. Aufl. 2021, § 2 EFZG, Rz. 15; HzA, Vossen, Gruppe 2, Rz. 821.
[4] Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, § 2 EFZG, Rz. 25; ErfK/Reinhard, 21. Aufl. 2021, § 2 EFZG, Rz. 11; Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 8. Aufl. 2018, § 2 EFZG, Rz. 71; HzA, Vossen, Gruppe 2, Rz. 821; kritisch hierzu MHdB ArbR/Tillmanns, 5. Aufl. 2021, § 78, Rz. 22.
[5] NZA 2013, 974 f. unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren gegenteiligen Rechtsprechung in den Urteilen v. BAG, Urteil v. 26.1.1962, 1 AZR 409/60 und BAG, Urteil v. 23.1.2008, 5 AZR 1036/06.

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