Rz. 38

Unzulässig sind nach dem Vorgenannten etwa die folgenden Abweichungen, weil sie zuungunsten des Anspruchsberechtigten wirken:

  • das Abhängigmachen der Entgeltfortzahlung von der Verpflichtung zur Vorlage einer weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung[1]
  • die Pflicht zur Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines bestimmten, vom Arbeitgeber benannten Arztes[2]
  • die Anrechnung nicht arbeitsunfähigkeitsbedingter Ausfallzeiten auf den Entgeltfortzahlungszeitraum[3]
  • die Verschärfung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen, etwa das Verlangen nach einer bestimmten Mindestdauer der Betriebszugehörigkeit (über die 4-Wochen-Mindestdauer nach§ 3 Abs. 3 EFZG hinaus)[4]
  • eine betriebliche Regelung zur flexiblen Arbeitszeit, wonach ein Ausgleich entstandener Zeitschulden lediglich durch tatsächliche Arbeitsleistung, nicht jedoch durch Zeiten von Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit möglich sein sollte[5]
  • eine Regelung, die dem Arbeitgeber das Recht einräumt, für jeden Tag der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall den Arbeitnehmer nacharbeiten zu lassen bzw. im Falle des Vorhandenseins eines Arbeitszeitkontos von diesem Stunden in Abzug zu bringen[6]; zu einer Regelung, wonach die auf einen Feiertag fallende Arbeit vor- bzw. nachgearbeitet wird[7]; zu einer Regelung, wonach die am Tag vor dem Feiertag ausfallende Nachtschicht bzw. die an den Sonntagen vor den Oster- und Pfingstmontagen beginnenden und in die Feiertage hineinreichenden Schichten keine Feiertagsschichten sind, wenn der Feiertag der alleinige Grund für den Arbeitsausfall ist[8]
  • die Verkürzung des Entgeltfortzahlungszeitraums[9]
  • von §§ 2 und 11 EFZG abweichende Fälligkeitszeitpunkte[10] oder
  • eine zulasten des Arbeitnehmers abweichende Regelung hinsichtlich der Höhe der Entgeltfortzahlung (außerhalb des nach § 4 Abs. 4 EFZG Möglichen[11]).
 

Rz. 39

Zulässig sind hingegen etwa die folgenden, zugunsten des Anspruchsberechtigten wirkenden Abweichungen:

  • der Verzicht auf die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder das Verlangen derselben zu einem späteren Zeitpunkt[12]
  • der Verzicht bezüglich der Feiertagsentlohnung auf den Anspruchsausschluss nach § 2 Abs. 3 EFZG[13]
  • der Verzicht auf die Erfüllung der Wartefrist des § 3 Abs. 3 EFZG
  • die Zahlung von Entgelt über den 6-Wochen-Zeitraum des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG hinaus[14] oder
  • die Pauschalierung der Feiertagsvergütung durch einen Zuschlag zum laufenden Stundenlohn; Voraussetzung ist jedoch, dass die entsprechende Vereinbarung von vornherein eindeutig erkennen lässt, dass die Pauschale geeignet ist, den Anspruch – auch zeitgerecht – auszugleichen[15]; dies gilt auch im Heimarbeitsverhältnis[16]
  • eine tarifvertragliche Regelung, wonach die Arbeitnehmer für jeden wochentäglichen, gesetzlichen Feiertag einen Anspruch auf Gutschrift von 1/261 des individuellen Jahresarbeitszeitsolls auf ihrem Arbeitszeitkonto haben[17].
 

Rz. 40

Keine Abweichung i. S. d. Gesetzes ist das Verlangen des Arbeitgebers nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG nach früherer Vorlage der ärztlichen Bescheinigung, weil dem Arbeitgeber hier von Gesetzes wegen ein Regelungsspielraum eröffnet wurde.[18]

[1] ErfK/Reinhard, 23. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 8; im Ergebnis offen gelassen in BAG, Urteil v. 4.10.1978, 5 AZR 326/77, DB 1979, S. 653, BB 1979, S. 577 ; vgl. auch Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 43.
[2] Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 43.
[3] BAG, Urteil v. 22.8.2001, 5 AZR 699/99, NZA 2002, 610, DB 2002, S. 640, AP Nr. 11 zu § 3 EntgeltFG.
[4] Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 44; ErfK/Reinhard, 23. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 8.
[5] BAG, Urteil v. 13.2.2002, 5 AZR 470/00, NZA 2002, 683, DB 2002, S. 1162, AP Nr. 57 zu § 4 EntgeltFG.
[6] BAG, Urteil v. 26.9.2001, 5 AZR 539/00, NZA 2002, 387, DB 2002, S. 795, AP Nr. 55 zu § 4 EntgeltFG.
[7] Vgl. BAG, Urteil v. 3.5.1983, 3 AZR 100/81, DB 1983, 2784, AP Nr. 39 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG.
[8] Vgl. BAG, Urteil v. 15.5.2013, 5 AZR 139/12, NZA 2013, 974, DB 2013, S. 2032.
[9] Wedde/Kunz, EFZG, 4. Aufl. 2015, § 12 EFZG, Rz. 13.
[10] ErfK/Reinhard, 23. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 8.
[11] Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, EFZG, 5. Aufl. 2000, § 12 EFZG, Rz. 4.
[12] BAG, Urteil v. 23.1.1985, 5 AZR 592/82, NZA 1985, 427, DB 1985, S. 1400.
[13] Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 48.
[14] MüKo/Müller-Glöge, 9. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 3.
[15] BAG, Urteil v. 22.10.1973, 3 AZR 83/73, DB 1974, S. 193, AP Nr. 31 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG.
[16] Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 51; Knorr/Krasney/v. Creytz, EFZ, Loseblatt, Stand 07/2023, G, S. 206b f., Rz. 12 f.
[17] BAG, Urteil v. 6.12.2017, 5 AZR 118/17, AP Nr. 18 zu § 2 EntgeltFG, NZA 2018, 597; kritisch hierzu Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 50.
[18] BAG, Beschluss v. 25.1.2000, 1 ABR 3/99, NZA 2000, S. 665, DB 2000, S. 1128, AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebs; vgl. auch MüKo/Müller-Glöge, 9. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 5.

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