Rz. 4

Nach dem Wortlaut der Vorschrift darf lediglich von den Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (mit Ausnahme von § 4 Abs. 4 EFZG) nicht zuungunsten der Arbeitnehmer und der nach den §§ 10 und 11 EFZG Berechtigten abgewichen werden.

 

Rz. 5

Damit sind also Entgeltfortzahlungsbestimmungen anderer Gesetze ausgenommen; hier sind Abweichungen nach den allgemeinen Grundsätzen erlaubt. Zu denken ist insbesondere an § 616 BGB. Dieser besagt, dass ein Arbeitnehmer nicht dadurch den Anspruch auf seine Vergütung verliert, weil er aus Gründen in seiner Person unverschuldet vorübergehend an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert ist. § 616 BGB regelt damit die Vergütungsfortzahlung in Fällen einer Arbeitsverhinderung ohne Krankheit.[1] Er gilt damit etwa bei Arztbesuchen während der Arbeitszeit oder bei einem Fernbleiben von der Arbeit, um erkrankte Familienangehörige zu pflegen.

 
Praxis-Beispiel

Sachverhalt nach BAG, Urteil v. 29.2.1984, 5 AZR 92/82[2]:

Arbeitnehmer A musste sich im Rahmen einer ärztlichen Behandlung einem Hörtest unterziehen. Der ihn behandelnde Arzt bestimmte einen Termin an einem Arbeitstag des A um 10 Uhr. A setzte seinen Arbeitgeber davon in Kenntnis. Er hatte sich zuvor bei seinem Arzt vergeblich um einen Termin außerhalb der Arbeitszeit bemüht. Durch die Behandlung versäumte A eine Arbeitsstunde; vor und nach der Behandlung arbeitete A. Er verlangt nun die Bezahlung der ausgefallenen Arbeitszeit.

Hier liegt keine Arbeitsunfähigkeit vor, sodass ein Anspruch nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz ausscheidet. Ansprüche aus § 616 BGB können jedoch – ohne gegen § 12 EFZG zu verstoßen – durch Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag eingeschränkt oder ganz ausgeschlossen werden.[3] Nur wenn das vorliegend nicht der Fall ist, hat A aus § 616 BGB Anspruch auf Bezahlung der ausgefallenen Arbeitszeit.

[1] ErfK/Preis, 23. Aufl. 2023, § 616 BGB, Rz. 1.
[2] DB 1984, S. 1405, BB 1984, S. 1046, AP Nr. 22 zu § 1 TVG Tarifverträge-Metallindustrie.
[3] Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 12 EFZG, Rz. 12.

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