2.1 Einarbeitungsmodelle

Kein Betrieb hat ein Interesse daran, dass ein neuer Mitarbeiter völlig unbegleitet mit seiner Arbeit loslegt. In aller Regel steht am ersten Arbeitstag immer an, den Neuling herumzuführen und bekannt zu machen, organisatorische Dinge zu klären und ihn mit den betrieblichen Abläufen und Tätigkeiten so weit bekannt zu machen, dass er mit der Arbeit beginnen kann. Unterschiedlich ist aber, wie diese Einarbeitungsphase strukturiert ist. Dabei spielt sicher die Betriebsgröße eine Rolle, mehr aber noch der Organisationsgrad, also die Frage, welchen Wert der Betrieb allgemein auf festgelegte Abläufe legt, z. B. im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems.

  • Bei geringem Organisationsgrad läuft die Einarbeitungsphase völlig formlos und ausschließlich mündlich im Austausch mit dem Vorgesetzten und/oder den Kollegen. Bei entsprechendem Engagement kann das sehr effektiv und praxisnah sein. Allerdings unterbleiben dabei oft die erforderlichen Dokumentationen, v. a. in Bezug auf die Erstunterweisungen.
  • Detailliert ausgearbeitete Einarbeitungsprozesse begleiten den Neuanfänger dagegen kontinuierlich in den ersten Wochen und beinhalten viele unterschiedliche Module zu verschiedenen organisations- und fachbezogenen Themen, zu denen immer auch Arbeits- und Gesundheitsschutz gehört. Oft finden solche Einarbeitungsprogramme ganz oder teilweise auch gruppenweise zentral an einer Stelle eines größeren Unternehmens statt. Federführend sind dann meist Personal- oder Qualifikationsabteilungen.
 
Wichtig

Einarbeitungsregeln festlegen

Auch wenn ein (kleinerer) Betrieb nicht über ein umfangreiches Einarbeitungsmodell verfügt, sollten wesentliche Schritte festgelegt und dokumentiert werden, die bei einer Neueinstellung zu erledigen sind. Arbeitet der Betrieb unter einem Qualitätsmanagementsystem, ist das schon aus diesem Grund unerlässlich, sonst aber auch dringend empfehlenswert, um nicht wesentliche Arbeitgeberpflichten zu vernachlässigen.

 
Wichtig

Auf Pflichtdokumente achten

Je weniger strukturiert die Einarbeitungsphase abläuft, desto größer ist die Gefahr, dass bedeutende Pflichtaufgaben nicht oder zumindest nicht dokumentiert abgearbeitet werden. Das kann im Schadenfall als wesentliches Organisationsverschulden ausgelegt werden. Nicht aufgeschoben werden sollten:

  • Erstunterweisung (allgemein und arbeitsplatzbezogen, Verhalten im Notfall),
  • innerbetriebliche Beauftragungen (z. B. zum Führen eines Fahrzeugs),
  • Einweisungen an bestimmten Maschinen oder Anlagen,
  • nötige Vorsorgeuntersuchungen.

2.2 Unterweisung

Nahezu alle Vorschriften, die Unterweisungspflichten formulieren, enthalten den Hinweis, dass Unterweisungen unmittelbar bei der Aufnahme einer Tätigkeit erfolgen müssen, z. B. Abschn. 2.3.1 DGUV-R 100-001 "Anlässe für eine Unterweisung sind z. B. Einstellung oder Versetzung … Die Unterweisung der Versicherten hat in allen Fällen vor Aufnahme der Tätigkeit zu erfolgen."

Was logisch und konsequent klingt, ist in der Praxis oft schwer umzusetzen und nur selten wortwörtlich erfüllt. Gründe sind z. B.:

  • Es gibt keine Struktur, die für Unterweisungen gleich in den ersten Arbeitstagen sorgt (s. o. Einarbeitungsmodelle).
  • Der für Unterweisungen Zuständige (in kleineren und mittleren Betrieben nicht selten eine externe Sicherheitsfachkraft) ist nicht immer greifbar, wenn ein neuer Mitarbeiter seine Stelle antritt.
  • Die Unterweisungen werden quasi arbeitsbegleitend, aber ohne Dokumentation vorgenommen.
  • Es gelingt nicht, in den ersten Tagen viele unterschiedliche Unterweisungsthemen abzuarbeiten.
 
Achtung

Erstunterweisungen unbedingt dokumentieren

Wegen der hohen rechtlichen Relevanz von Unterweisungen sollten Erstunterweisungen unbedingt so früh wie möglich dokumentiert werden. Dabei kommt es weniger auf die vollendete Form und auch nicht auf die Frage an, wer üblicherweise die jährlichen Unterweisungen durchführt, sondern schlicht darauf, dass wesentliche Inhalte zeitnah vermittelt werden und ein geeignetes Dokument darüber erstellt wird. Mit einem entsprechenden Formular ist das jedem Vorgesetzten, ggf. auch einem Vertreter aus dem Kollegenkreis problemlos möglich.

Kleinere Betriebe können mit wenigen überschaubaren Handlungsschritten und Arbeitshilfen hier für tragfähige und umsetzbare Strukturen sorgen:

  • Festlegen, wer in welchen Bereichen für Neueinsteigerunterweisungen zuständig ist.
  • Unterweisungsthemen zusammenstellen und entsprechende Unterweisungshilfen (Checklisten, Unterweisungsformular) bereitstellen.
 
Praxis-Beispiel

Erstunterweisung im Kleinbetrieb

Folgende Themen sind wichtig:

  • Ansprechpartner (normal und im Notfall): Vorgesetzte, Ersthelfer, Sicherheitsbeauftragte, Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt, Haustechnik, ggf. Räumungshelfer,
  • räumliche Gegebenheiten, Lage von Ausgängen, Schutzeinrichtungen, Erste Hilfe,
  • tätigkeitsspezifische Themen (darunter auch ggf. dienstlicher Gebrauch von Fahrzeugen),
  • Verhalten im Notfall (Brandfall, medizinischer Notfall, technischer Notfall, ggf. Gefahr für Dritte oder von außen).

In größeren Betrieben werden oft ze...

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