1.4.1 Fragen der körperlichen Eignung im Vorstellungsgespräch

Im Vorstellungsgespräch sind direkte Fragen nach Behinderungen und Krankheiten nicht zulässig oder rechtlich mindestens extrem heikel, wenn der Arbeitgeber nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen will. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber sich aber ein Bild davon machen dürfen, ob gesundheitliche Einschränkungen vorliegen, die ganz konkret die anstehende Tätigkeit unmöglich machen würden.

 
Praxis-Beispiel

Relevante körperliche Einschränkungen bei bestimmten Tätigkeiten

Dabei handelt es sich um eine grobe Einteilung nach Branchen bzw. Tätigkeiten. Im Einzelfall weist nicht jeder Arbeitsplatz der erwähnten Branchen bzw. Tätigkeitsfelder entsprechende Risiken auf.

 
Infektionskrankheiten, die ­Beschäftigungsbeschränkungen nach Infektionsschutzgesetz nach sich ziehen Tätigkeiten in Einrichtungen für Kinder, Pflege- und Küchen­einrichtungen
Eingeschränkte Belastbarkeit des ­Bewegungsapparates Pflegearbeiten, Garten- und Landschaftsbau, Bauhandwerk, Einzel­handel, Lager- und Logistikarbeiten
Suchterkankungen, Anfallsleiden Fahr- und Steuertätigkeit, wichtige Überwachungstätigkeiten, Alleinarbeit
Bestimmte Sehstörungen Fahr- und Steuertätigkeit, ­Kontroll- und Überwachungs­tätigkeiten
Allergien Tätigkeiten mit den entsprechenden ­Allergenen, häufig z. B. bei Friseuren, in der Landwirtschaft und ­Lebensmittelverarbeitung, im Bauhandwerk (z. T.)
Starke Hautprobleme Tätigkeiten mit Handschuhtragepflicht
Atemwegsprobleme, verminderte ­körperliche Leistungsfähigkeit Tätigkeiten unter Atemschutz

Der Bewerber muss in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch von sich aus informieren und auf Fragen wahrheitsgemäß antworten. Allerdings ist in der Praxis damit zu rechnen, dass solche Informationen nicht gegeben werden, nicht nur weil der Bewerber fürchtet, dass er mit einer solchen Angabe seine Erfolgschancen schmälert, sondern schlicht aus Unkenntnis über die mit der Tätigkeit verbundenen Beanspruchungen. Der Arbeitgeber handelt also sinnvoll und korrekt, wenn er solche tätigkeitsspezifischen Gesundheitsfragen anspricht und erläutert. Schließlich ist es für beide Seiten unbefriedigend, wenn ein Arbeitsverhältnis wegen unvermeidlicher tätigkeitsbedingter Gesundheitsprobleme kurzfristig beendet werden muss.

 
Wichtig

Möglichkeiten der Arbeitsplatzgestaltung nutzen

Nicht jede offensichtlich gewordene körperliche Einschränkung muss ein ansonsten aussichtreiches Arbeitsverhältnis unmöglich machen. Manchmal können Arbeitsbedingungen so angepasst werden, dass relevante Belastungen vermieden werden. Dazu beraten die Unfallversicherungsträger, ggf. Arbeitsagenturen (bei arbeitslosen Bewerbern) und Integrationsämter (wenn der Betroffene behindert oder von Behinderung bedroht ist). In den letzten beiden Fällen stehen dafür u. U. auch externe Mittel zur Verfügung.

1.4.2 Einstellungsuntersuchungen

Einstellungsuntersuchungen dienen dem Arbeitgeber vorrangig dazu, sich vor Aufnahme des Arbeitsverhältnisses ein Bild über relevante Gesundheitskriterien des Bewerbers zu machen. Inwieweit ihm das allerdings überhaupt erlaubt ist, unterscheidet sich im Einzelfall:

Wo besondere Risiken für den Bewerber, aber auch für Dritte bestehen, sind vor Aufnahme der Tätigkeit (bzw. zum Erlangen einer Fahr- oder Steuererlaubnis) bestimmte Untersuchungen gesetzlich vorgeschrieben, z. B.

 
Achtung

Nachweis der Untersuchung zwingend

In diesen Fällen muss der Arbeitgeber den Nachweis der entsprechenden Untersuchung verlangen. Er kann sie selber organisieren bzw. über seinen Betriebsarzt anbieten, wenn dieser die erforderliche Fachkunde hat. Der Bewerber kann eine entsprechende Bescheinigung aber auch vorlegen.

Etabliert sind Einstellungsuntersuchungen darüber hinaus in Arbeitsverhältnissen, die langfristige Versorgungsansprüche nach sich ziehen, also v. a.

  • im öffentlichen Dienst (Beamte, Bundeswehr u. a.),
  • in vielen Großbetrieben, wo Arbeitsverhältnisse mit sehr langfristigen Perspektiven betrachtet werden oder wenn es um anspruchsvolle Ausbildungen bzw. Arbeits­verhältnisse geht, wo Bewerber gesundheitlich besonders qualifiziert und stabil sein müssen.

Während in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes rechtliche Grundlagen zu Einstellungsuntersuchungen vorliegen (z. B. im Beamtenrecht), fehlen diese anderswo. Keinesfalls kann aber ein Arbeitgeber von einem Bewerber jede beliebige Untersuchung verlangen. Zur Orientierung über die rechtliche Zulässigkeit von Einstellungsuntersuchungen können folgende Eckpunkte dienen:

  • Der Bewerber muss einer Einstellungsuntersuchung immer zustimmen. Zwar ist sein Widerspruchsrecht eher theoretisch, wenn er fürchten muss, bei einer Ablehnung keine Chance auf die Stelle zu haben. In keinem Fall dürfen jedoch ohne Wissen des Bewerbers Untersuchungen durchgeführt werden, z. B. aus einer Blutprobe ein HIV-Test gezogen oder genetische Analysen durchgeführt werden.
  • Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber durch Untersuchungen wie ...

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