Es besteht weitgehend Übereinstimmung, dass zeitgemäße und zugleich zukunftsorientierte Personalentwicklung über die in der Vergangenheit praktizierte Aus- und Weiterbildung hinausgehen muss. Es bleibt aber die Frage, welche Unternehmensziele unterstützt und welcher bzw. wessen Bedarf befriedigt werden sollen:

  • Vermittlung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Verhaltensweisen, die von den Teilnehmern unmittelbar auf ihren Arbeitsplätzen umgesetzt werden können (arbeitsplatzrelevante Personalentwicklung);
  • Vermittlung von Wissen und Verhaltensweisen, die von den Teilnehmern mit hoher Wahrscheinlichkeit einmal angewendet werden können (Personalentwicklung "auf Verdacht", "auf Vorrat" oder "auf Zeit");
  • Vermittlung von zielgerichteter, allgemeiner und unmittelbarer Problemlösungskompetenz im Hinblick auf aktuelle und zukünftige Situationen (Managementkompetenz wie Planen, Organisieren, Strukturieren, Steuern, Kontrollieren) oder die Fähigkeit für Leitungsaufgaben in Gegenwart und Zukunft (Leadership wie Visionen, Gespür für Machtstrukturen, persönlicher Mut, Probleme erkennen und benennen, Problemlösungen ins Unternehmen einbringen und auch gegen Widerstände durchsetzen).

Die ersten beiden Varianten haben nur wenig aktivierende Wirkung auf die Organisationsentwicklung des Unternehmens.

Die dritte Variante hingegen ermöglicht den Potenzials, konkret Verantwortung zu übernehmen (z. B. Projektmanagement). Das Lernen ist direkt auf die Bedürfnisse des Unternehmens abgestimmt und im Unternehmensgeschehen im Rahmen des Talent Managements verankert. Dadurch bedeutet die Nachwuchsförderung eine Intervention in das bestehende Organisationsgefüge und zugleich einen Prozess der Unternehmensentwicklung.

Wenn für die Unternehmensentwicklung und Unternehmenssicherung strategisch wichtige Themen, Impulse, Probleme und Störungen zum Inhalt von Lernprozessen (gemacht) werden, können die Potenziale und Energien der Nachwuchskräfte im Sinne wirksamer und konstruktiver Lösungen entwickelt und eingesetzt werden (strategische Personalentwicklung).

Strategische Nachwuchsförderung setzt im Unternehmen ein entscheidungsfreudiges Management, engagierte Führungskräfte und Personalentwickler voraus, die nicht nur Handlungsbedarf erkennen, sondern auch im Hinblick auf künftige Entwicklungen aktiv werden. Zugleich erfordern sie bei den Nachwuchskräften starkes eigenes Engagement.

Die Initiativen können in zwei Richtungen laufen, je nachdem, in welchen Bereichen die meiste Überzeugungsarbeit geleistet werden muss:

Ist das Top-Management für Bottom-up-Aktivitäten offen, werden Personalentwicklungs(PE)-Maßnahmen grundsätzlich befürwortet oder sogar gefordert und haben Führungskräfte und Personalentwickler entsprechende Freiräume, kann Personalentwicklung auch ohne konkrete Aufträge "von oben" betrieben werden. Hier genügt es, wenn die Personalentwickler der Unternehmensleitung eine entscheidungsreife Vorlage unterbreiten, in der die Ausgangslage definiert und darauf aufbauend Ziele, Inhalte, Vorgehensweise und Kosten und vor allem Nutzen der Mitarbeiterförderung dargestellt werden. Viele Maßnahmen können die Personalentwickler auch direkt mit den jeweiligen Führungskräften als Auftraggebern abstimmen und dann – ohne "Segen von oben" – einfach durchführen. Der Vorteil liegt vor allem darin, dass die Fördermaßnahmen von den unmittelbar Profitierenden (Vorgesetzten und Mitarbeitern) gewünscht und deshalb auch engagiert betrieben und umgesetzt werden.

Sind die Entscheidungsstrukturen dagegen strikt nach dem Top-down-Prinzip angelegt, wird die Unternehmensleitung als Auftraggeber für PE-Maßnahmen auftreten. In diesem Fall muss sie oft erst in mühsamen Überzeugungsprozessen für PE-Maßnahmen gewonnen werden.

Zudem besteht die Gefahr, dass "von oben" geforderte Maßnahmen nicht immer den Bedürfnissen "vor Ort" entsprechen und deshalb nicht mit dem selben Engagement umgesetzt werden wie von den Betroffenen selbst gewünschte und erarbeitete Projekte.

Strategische Personalentwicklung bringt Bewegung und Veränderungen ins Unternehmen. Sie muss deshalb im Unternehmen kommuniziert werden, um Kommunikationsdefizite abzubauen und Widerstände zu entschärfen. Vor allem aber muss das Top-Management die Initiativen mit tragen und fördern (Personalentwicklung als "Vorstands- oder Chefsache").

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