Wenn der ausgeschiedene Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit aufgenommen hat, dann muss er sich in bestimmtem Umfang dasjenige anrechnen lassen, was er dort verdient. Es kommt dabei darauf an, dass die anderweitigen, anzurechnenden Bezüge in irgendeiner Weise mit der Verwertung der Arbeitskraft in Zusammenhang stehen.

Welche Einkünfte werden angerechnet?

Deshalb werden Kapitaleinkünfte des Arbeitnehmers nicht berücksichtigt, sie resultieren nicht aus der Verwertung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers.[1]

Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, gleich aus welchem Rechtsgrund sie geleistet werden, sind auf die Karenzentschädigung nicht anzurechnen. Für Betriebsrenten ist dies vom BAG bisher offengelassen worden.[2] Im Hinblick auf den ebenfalls vorhandenen Versorgungscharakter dürfte dies jedoch entsprechend gelten und eine Anrechnung ausgeschlossen sein.

Auch Übergangsgelder als Leistungen der Rehabilitation des Rentenversicherungsträgers werden nicht berücksichtigt.[3]

Bezogenes Arbeitslosengeld ist in die Anrechnung mit aufzunehmen. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Gesetzeswortlaut des § 74c HGB, aber aus dessen Sinn. Die Karenzentschädigung ist eine Art von Ersatz desjenigen Schadens, den der Arbeitnehmer durch das Wettbewerbsverbot erleiden kann, weil er ggf. nicht tätig werden kann. Die Karenzentschädigung soll aber keinen Anreiz dafür schaffen, dass der Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz aufgibt, um dann nur noch von der Karenzentschädigung zu leben bzw. zusätzlich zum neuen Arbeitsentgelt auch noch die Karenzentschädigung (in vollem Umfang) zu beziehen. Auch das Arbeitslosengeld rührt aus der (Nicht-)Verwertung der Arbeitskraft, sodass es anzurechnen ist, wobei die Nettozahlung der Agentur für Arbeit maßgeblich ist.[4]

Wenn der Mitarbeiter bei seinem neuen Arbeitgeber neben den Bezügen Auslagenersatz erhält, ist dieser bei der Anrechnung auf die zu beanspruchende Karenzentschädigung nicht zu berücksichtigen, er wird ja auch nicht bei der Bemessung der Karenzentschädigung berücksichtigt.[5] Dies gilt insbesondere für Aufwandsentschädigungen und das im öffentlichen Dienst gewährte Trennungsgeld.[6] Vom Arbeitnehmer geltend zu machende Werbungskosten werden aber vom Arbeitsentgelt nicht in Abzug gebracht.

Anzurechnende Vollzeit-Vergütung wird bei früherer Teilzeitarbeit nur anteilig berücksichtigt

Problematisch ist, wenn der Arbeitnehmer bisher teilzeitbeschäftigt war, im neuen Unternehmen aber eine Vollzeitbeschäftigung aufnimmt.

Die Karenzentschädigung berechnet sich jedenfalls aus der Vergütung für die Teilzeitbeschäftigung. § 74 Abs. 2 HGB stellt auf die Hälfte der vertragsmäßigen Leistungen ab, diese aber ist (nur) die Vergütung für die Teilzeitarbeit.

Das anzurechnende (Vollzeit-)Arbeitseinkommen wird auch nur anteilig zu berücksichtigen sein, da ansonsten ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot gegenüber Teilzeitbeschäftigten nach § 4 Abs. 1 TzBfG gegeben wäre.

 
Praxis-Beispiel

Teilweise Anrechnung des Entgelts

Der Mitarbeiter hat bisher statt 40 Stunden vollzeitig nur 25 Stunden pro Woche in Teilzeit gearbeitet, im neuen Beschäftigungsverhältnis arbeitet er 40 Stunden wöchentlich und erhält hierfür 4.100 EUR. Hier wird dieser anzurechnende Betrag auf eine Vergütung für 25 Stunden/Woche herunterzurechnen sein, also 4.100 EUR / 40 Stunden × 25 Stunden = 2.562,50 EUR. Dieser Betrag wird zur Bemessung der Anrechnung auf die Karenzentschädigung angesetzt.

Grenzwert 110 % der Altvergütung

Die Summe der Karenzentschädigung zuzüglich des anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers soll 110 % der Grundbezüge beim Altarbeitgeber nicht übersteigen. Übersteigt diese Summe den Grenzwert von 110 % der Altvergütung, so wird die Karenzentschädigung entsprechend gekürzt. § 74c HGB bestimmt hierfür diese anrechnungsfreie Grenze.

 
Praxis-Beispiel

Grenzwert 110 %

Es ergibt sich deshalb folgende Beispielrechnung für die Anrechnung anderweitigen Erwerbs: Der Mitarbeiter verdiente zuletzt 4.000 EUR. Gegenwärtig verdient er – bei Wirkung des Wettbewerbsverbots – 4.100 EUR. Ist die Mindestentschädigung von 50 % vereinbart (hier: 2.000 EUR), so lautet die Berechnung des auf die Karenzentschädigung anzurechnenden und dieses verringernden Betrags:

 
Vereinbarte Karenzentschädigung 2.000 EUR
Zzgl. neuer Erwerb 4.100 EUR
  6.100 EUR
Abzgl. 110 % des alten Verdienstes also 4.400 EUR
Anrechnungsbetrag 1.700 EUR

Mithin sind lediglich 300 EUR (Differenz aus der vereinbarten Karenzentschädigung von 2.000 EUR und Anrechnungsbetrag in Höhe von 1.700 EUR) vom Altarbeitgeber für das Wettbewerbsverbot zu bezahlen.

Kurz gesagt lautet die Formel für die Karenzentschädigung also: alte Monatsvergütung inkl. anteilige Sonderzahlungen + 10 % – neues Einkommen.

Grenzwert 125 % der Altvergütung bei Wohnsitzwechsel

§ 74c Abs. 1 Satz 2 HGB setzt für bestimmte Fälle eine erhöhte anrechnungsfreie Grenze von 125 % der früheren Grundbezüge fest. Sie gilt dann, wenn der Arbeitnehmer durch das Wettbewerbsverbot gezwungen wurde, seinen Wohnsitz zu verlegen. Das gilt auc...

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