Eventuelle Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche auf der Grundlage einer Belästigung wegen eines der durch das AGG geschützten 8 Merkmale sind speziell in § 15 AGG geregelt. Ansprüche auf Ersatz mobbingbedingter Schäden wegen anderer, nicht vom AGG erfasster Merkmale können sich aus Vertrag oder unerlaubter Handlung ergeben.

1.5.1 Vertragshaftung

Betreibt der Arbeitgeber aktiv Mobbing gegen einen Arbeitnehmer, so steht diesem ein vertraglicher Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der allgemeinen Regelung des § 280 Abs. 1 BGB zu. Mobbt dagegen ein Vorgesetzter ihm unterstellte Mitarbeiter, so kann dieses Fehlverhalten dem Arbeitgeber nach § 278 BGB zugerechnet werden bzw. der Arbeitgeber als Geschäftsherr selbst haften, auch wenn er das Verhalten weder gekannt noch gebilligt hat. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber eine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung der Fürsorgepflicht begeht, indem er nichts gegen das ihm bekannte Mobbing eines Arbeitnehmers durch Vorgesetzte oder Arbeitskollegen unternimmt.[1]

Bei der Vertragshaftung greift zugunsten des Geschädigten die Beweiserleichterung ein.[2]; danach muss der Schädiger beweisen, dass er für eine begangene Pflichtverletzung nicht verantwortlich ist. Bei einem Fehlverhalten seiner gesetzlichen Vertreter und sonstigen Hilfspersonen, für die er nach § 278 BGB einzustehen hat, gibt es die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises wie bei der deliktischen Haftung[3] nicht.

1.5.2 Deliktische Haftung

Ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung steht dem Arbeitnehmer dann zu, wenn durch das Mobbing ein absolut geschütztes Rechtsgut im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, insbesondere Leben, Gesundheit oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht, rechtswidrig und schuldhaft verletzt wird. Dieser deliktische Schadensersatzanspruch kann sowohl gegen den Arbeitgeber als auch gegen mobbende Vorgesetzte oder Arbeitskollegen geltend gemacht werden. Der Geschädigte muss aber immer den Nachweis führen, dass der in Anspruch genommene Schädiger die eingetretene Rechtsverletzung schuldhaft, d. h. vorsätzlich oder fahrlässig, verursacht hat.

Aus Mobbinghandlungen von Vorgesetzten oder Arbeitskollegen kann eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers unter dem Gesichtspunkt der Haftung für den Erfüllungsgehilfen[1] bzw. den Verrichtungsgehilfen[2] resultieren. Voraussetzung ist wie bei der Haftung nach § 15 Abs. 1 AGG, dass das schuldhafte Fehlverhalten von der Hilfsperson "in Ausübung" und nicht nur "bei Gelegenheit" der ihr vom Arbeitgeber übertragenen Aufgaben begangen worden ist.[3] Daran fehlt es i. d. R., wenn ein Arbeitnehmer von Arbeitskollegen bei der Arbeit schikaniert, diskriminiert oder ausgegrenzt wird.[4]

Ein Schadensersatzanspruch kann auch dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer als Folge des Mobbings seinen Arbeitsplatz verliert. So ist ein Arbeitnehmer, der über einen Arbeitskollegen eine bewusst unwahre Tatsache behauptet und dadurch dessen Arbeitsplatzverlust zumindest mitverursacht, dem Betroffenen nach § 824 Abs. 1 BGB zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens (z. B. Verdienstausfall) verpflichtet.[5]

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines Mobbingbetroffenen, so kommt eine Schadensersatzpflicht dann in Betracht, wenn die Kündigung gegen ein gesetzliches Verbot[6], die guten Sitten[7] oder die Grundsätze von Treu und Glauben[8] verstößt und deshalb unwirksam ist.[9] Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen gelten allerdings strenge Anforderungen, die im Streitfall vom Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen sind. So haben die Arbeitsgerichte bereits wiederholt entschieden, dass der Arbeitgeber nicht unsachlich oder willkürlich handelt, wenn er das Auftreten von Konflikten oder Spannungen am Arbeitsplatz zum Anlass nimmt, das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers trotz ordnungsgemäßer Arbeitsleistung während der Probezeit zu kündigen.[10] An für die Annahme von Mobbing notwendigen systematischen und zielgerichteten Anfeindungen gegen den Arbeitnehmer fehlt es, wenn es in der Entwicklung einer im Wesentlichen psychisch bedingten Konfliktsituation zu einer Eskalation kommt, auf die der Arbeitgeber mit einem nicht mehr sozialadäquaten Exzess reagiert.[11]

[1] § 278 BGB,

BAG, Urteil v. 25.10.2007, 8 AZR 593/06 für den Fall des Mobbings eines Oberarztes durch den Chefarzt.

[3] BGH, Urteil v. 4.2.1997, XI ZR 31/96; Hessisches LAG, Urteil v. 12.3.1990, 10/2 Sa 890/89; weiterführend Grüneberg-Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 278, Rzn. 20 ff. und Grüneberg-Sprau, a. a. O., § 831, Rz. 10.
[6] Z. B. das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB.
[11] LAG Thüringen, Urteil v. 10.6.2004, 1 Sa 148/01; für den Fall einer Suspendier...

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