Wenn der Arbeitnehmer berechtigterweise von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch macht, liegt keine Arbeitsverweigerung vor.[1]

Während das AGG bei Belästigungen oder sexuellen Belästigungen ein spezielles Leistungsverweigerungsrecht vorsieht[2], ergibt sich für Mobbingbetroffene das Recht zur Zurückbehaltung der Arbeitsleistung aus § 273 Abs. 1 BGB.

Diese Vorschrift gibt dem Arbeitnehmer das Recht, seine Arbeitsleistung zurückzuhalten, um den Arbeitgeber zur Erfüllung einer ihm obliegenden fälligen Vertragspflicht aus dem Arbeitsverhältnis anzuhalten. In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass auch eine Verletzung der Fürsorgepflicht[3] oder ein Verstoß des Arbeitgebers gegen die sich aus § 618 BGB ergebenden Arbeitsschutzpflichten[4] ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung begründen können.

Ein solches Arbeitsverweigerungsrecht kann dem Arbeitnehmer insbesondere bei einer schikanösen Behandlung durch den Arbeitgeber oder Vorgesetzte am Arbeitsplatz zustehen.[5] Dies ist z. B. der Fall, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unter missbräuchlicher Ausübung seines Direktionsrechts unzumutbare Arbeiten zuweist[6] oder ihn über längere Zeit nicht vertragsgemäß beschäftigt.[7] Die berechtigte Ausübung des Zurückbehaltungsrechts hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer für die Dauer des vertragswidrigen Zustands seinen Anspruch auf Fortzahlung der Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs[8] behält.[9]

Bei der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts ist allerdings zu beachten, dass der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Pflichtverletzung des Arbeitgebers trägt. Erforderlich ist ferner, dass der Arbeitnehmer den beabsichtigten Gebrauch vom Zurückbehaltungsrecht vorher ankündigt, indem er den Arbeitgeber auf die Vertragsverletzung hinweist und ihm hinreichende Gelegenheit zur Abhilfe einräumt.[10]

Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts steht unter dem Gebot von Treu und Glauben[11] und unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dementsprechend muss der Arbeitnehmer unter Angabe des Grundes dem Arbeitgeber klar und eindeutig mitteilen, er werde dieses Recht mit Blick auf eine ganz bestimmte, konkrete Gegenforderung wahrnehmen. Nur so wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, den möglichen Anspruch des Arbeitnehmers zu prüfen und ggf. zu erfüllen.[12]

Sofern der Arbeitnehmer den Konflikt durch sein Verhalten mitverursacht hat, muss er vor der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts erst den Versuch unternehmen, durch die Korrektur seines eigenen Verhaltens eine Beilegung der Auseinandersetzung zu erreichen.[13] Unterlässt der Arbeitnehmer die vorherige Ankündigung der Arbeitseinstellung oder kann er das Vorliegen einer Pflichtverletzung des Arbeitgebers im Prozess nicht beweisen, so verliert er seinen Vergütungsanspruch und begeht eine Arbeitsverweigerung, die den Arbeitgeber zum Ausspruch einer Abmahnung oder sogar zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen kann.[14]

Schwangere Arbeitnehmerinnen werden durch Konflikte am Arbeitsplatz häufig besonders stark belastet. Zum Schutz der Schwangeren und der Leibesfrucht kann in derartigen Fällen nach § 16 Abs. 1 MuSchG ein ärztliches Beschäftigungsverbot für die Dauer der Schwangerschaft ausgesprochen werden, wenn die betroffene Arbeitnehmerin durch die Konfliktsituation psychisch so stark belastet wird, dass eine Gefährdung für Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortsetzung der Beschäftigung besteht.[15] Für die Annahme einer derartigen Gefährdung ist es grundsätzlich unerheblich, ob tatsächlich eine Mobbingsituation vorliegt oder ob dies von der werdenden Mutter nur subjektiv so empfunden wird. Etwas anderes gilt nur, wenn offensichtlich ist, dass die geltend gemachte psychische Belastung von der Arbeitnehmerin nur vorgeschoben wird.[16]

Bei einem auf "Stresssituationen am Arbeitsplatz" oder "Probleme mit Vorgesetzten oder Kollegen" gestützten Beschäftigungsverbot kann der Arbeitgeber eine konkrete Beschreibung der zugrunde liegenden Umstände verlangen. Unterbleibt eine entsprechende Erläuterung durch den Arzt oder die Arbeitnehmerin, so ist der Beweiswert des ärztlichen Zeugnisses erschüttert.[17]

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