Bei dem Begriff "Mobbing" handelt es sich nicht um einen Tatbestand im juristischen Sinne, sondern um einen Sammelbegriff von Verhaltensweisen, die je nach Sachlage des Betroffenen rechtliche, gesundheitliche und wirtschaftliche Auswirkungen haben können. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Mobbing "das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte".[1]

Dem entspricht die Auffassung des Bundesgerichtshofs, der unter Mobbing den Missbrauch der Stellung eines Vorgesetzten versteht, um einen Untergebenen systematisch und fortgesetzt zu beleidigen, zu schikanieren und zu diskriminieren.[2]

Nach der – wohl umfassendsten – Definition des LAG Thüringen sind unter Mobbing "fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder der Diskriminierung dienende Verhaltensweisen" zu verstehen, "die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte Rechte des Betroffenen verletzen."[3] Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) als Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand beschreibt "Mobbing"[4] als eine konflikthafte Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, bei der

  • eine Person von einer oder einigen Personen
  • systematisch,
  • oft (mindestens einmal pro Woche) und
  • während längerer Zeit (mindestens über 6 Monate)
  • mit dem Ziel des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis
  • direkt oder indirekt angegriffen wird."

Art. 12a Abs. 3 des Statuts der Beamten der Europäischen Union definiert Mobbing als "ungebührliches Verhalten (...), das über einen längeren Zeitraum, wiederholt oder systematisch in Verhaltensweisen, mündlichen oder schriftlichen Äußerungen, Handlungen oder Gesten zum Ausdruck kommt, die vorsätzlich begangen werden und die Persönlichkeit, die Würde oder die physische oder psychische Integrität einer Person angreifen."

Der in § 3 Abs. 3 AGG definierte Begriff der "Belästigung" ähnelt stark den von der Rechtsprechung entwickelten Mobbing-Definitionen. Nach § 3 Abs. 3 AGG ist eine Belästigung eine Benachteiligung, "wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem Benachteiligungsgrund des § 1 AGG in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird".

 
Achtung

Mobbingbegriff klären

§ 3 Abs. 3 AGG regelt lediglich einen Teilbereich des Komplexes "Mobbing" spezialgesetzlich. § 3 AGG enthält allerdings keine Legaldefinition von "Mobbing". Erfasst werden nur Anfeindungen, die mit einem Merkmal des § 1 AGG in Zusammenhang stehen. Im Übrigen, d. h. in allen Fällen, in denen die Belästigung weder mit der Rasse, ethnischen Herkunft, Religion und Weltanschauung, dem Alter, Geschlecht, einer Behinderung oder der sexuellen Identität des Betroffenen in Zusammenhang steht, bleibt es bei den allgemeinen Grundsätzen, die nachfolgend dargelegt werden.

Nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (z. B. Abmahnung, Versetzung, Kündigung) stellt eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht[5] dar. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, sind nicht geeignet, derartige Tatbestände zu erfüllen, weshalb es gilt, sog. folgenloses bzw. sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, d. h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen.[6]

Bei der Gesamtbetrachtung zahlreicher einzeln behaupteter Schikanehandlungen durch Vorgesetzte sind also Konfliktsituationen auszunehmen, die im Arbeitsleben üblich sind. Damit scheiden grundsätzlich alle Konflikte für die Beurteilung einer Persönlichkeitsverletzung aus, die im Zusammenhang mit der Ausübung des Direktionsrechts stehen, soweit diese wiederum nicht offensichtlich willkürlich und schikanös sind.[7] Eine solche in der Praxis häufig vorkommende Konfliktsituation ist ein Streit über Inhalt und Grenzen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts. Das sind typische Komplikationen, die nicht das erfüllen, was rechtlich unter "Mobbing" zu verstehen ist, jedenfalls soweit kein gezieltes, schikanöses, herabwürdigendes Verhalten des Vorgesetzten vorliegt.[8]

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