2.2.1 Bisherige Rechtslage

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VII hat in Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten der Unternehmer "unter Beteiligung des Betriebsrats oder Personalrates" Sicherheitsbeauftragte zu bestellen. Die "Beteiligung des Betriebsrats" ist dabei nach der herrschenden Meinung nur eine Mitwirkung im o. g. Sinne (s. Abschn. 2.1) und bezieht sich sowohl auf die Zahl der zu bestellenden Beauftragten als auf die Bestellung selbst.[1] D. h., dass nach dieser Ansicht sowohl der Umstand,

  • wie viele Sicherheitsbeauftragte der Unternehmer bestellt, als auch die Frage,
  • wer zum Sicherheitsbeauftragten bestellt wird,

dem Betriebsrat lediglich mitzuteilen wäre. Eine evtl. erfolgende Rückäußerung durch den Betriebsrat dazu kann der Unternehmer in seinen Entscheidungsprozess einbeziehen, muss das aber nicht. Mehr wird von "Mitwirkung" nicht umfasst.

Hinweis: Für Unternehmen der öffentlichen Hand, in denen ein Personalrat vorhanden ist, unterliegt das gesamte Verfahren der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG.[2]

[1] Kassler Kommentar/Ricke, SGB VII, § 22 SGB VII, Rn. 2a m. w. N.
[2] Herrschende Meinung, s. z. B. Richardi/Dörner/Weber, BPersVG, § 81, Rn. 20.

2.2.2 Neue Rechtslage

Mit der Konkretisierung der Verpflichtung zur Bestellung von Sicherheitsbeauftragten in § 20 Abs. 1 DGUV-V 1 wird nicht mehr zur Mitbestimmung gesagt, als bislang im Gesetz steht. Jedoch ist hier auf die Rechtsprechung des BAG zurückzugreifen: In seiner Entscheidung vom 18.3.2014 (1 ABR 73/12) führt das BAG aus, dass die aus § 3 Abs. 2 ArbSchG folgende Pflicht des Arbeitgebers, für eine geeignete Organisation zu sorgen und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden, einen Rahmen für die Entwicklung einer an den betrieblichen Gegebenheiten ausgerichteten Organisation setzt. Hierbei habe der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen.

Das BAG führt weiter aus, der Betriebsrat habe bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber diese aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen habe und ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verblieben. Bestehe objektiv eine gesetzliche Handlungspflicht und sei wegen des Fehlens einer zwingenden Vorgabe eine betriebliche Regelung verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen, so setze das Mitbestimmungsrecht ein. Eine Rahmenvorschrift zur weiteren Ausgestaltung liege vor, wenn die gesetzliche Regelung Maßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes erfordere, diese aber nicht selbst im Einzelnen beschreibe, sondern dem Arbeitgeber ein zu erreichendes Schutzziel vorgebe.

Die Zahl und die Auswahl der geeigneten Kandidaten für das Amt des Sicherheitsbeauftragten wird vom Gesetzgeber bzw. den Berufsgenossenschaften im Rahmen des ihnen zustehenden Satzungsrechts nach bestimmten Kriterien vorgegeben (s. Abschn. 1.1). Dieser ist nun in der betrieblichen Organisation umzusetzen, in dem man folgende Fragen stellt und beantwortet:

  • Welche Unfall- und Gesundheitsgefahren bestehen im Unternehmen?
  • Wer hat die erforderliche räumliche Nähe zu den Beschäftigten?
  • Wer hat die erforderliche zeitliche Nähe zu den Beschäftigten?
  • Wer hat die fachliche Nähe zu den Beschäftigten?
  • Wie viele Beschäftigte sind konkret betroffen und damit zu betreuen?

Bei der Beantwortung dieser Fragen bleiben dem Arbeitgeber Handlungsspielräume, die auszufüllen sind, was zwingend zu einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats führt. Dieses umfasst damit

  • die Zahl der zu bestellenden Sicherheitsbeauftragten und
  • die Anforderungsprofile derjenigen, die bestellt werden können.

Das Abgleichen dieser Profile mit geeigneten Mitarbeitern und die dann ggf. erfolgende Bestellung kann – wie es die bisher vorherrschende Meinung vorsieht – als so eindeutiger Prozess angesehen werden, dass man hier in der Tat von einer schwächeren Form der Betriebsratsbeteiligung ausgehen kann, sodass hier dann nur noch die Mitwirkung infrage kommt.[1]

[1] So insgesamt auch Düwell, BetrVG, § 89 BetrVG, Rn. 37.

2.2.3 Umsetzung der Mitbestimmung

Es empfiehlt sich auf alle Fälle der Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat nach § 77 BetrVG im Rahmen der der Mitbestimmung unterliegenden Aspekte.[1] Besteht im Unternehmen bereits eine Betriebsvereinbarung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, so empfiehlt es sich, diese entsprechend zu ergänzen.

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