2.1 Betriebsbegriff

Der Betriebsbegriff ist ein eigener Begriff der Massenentlassungsrichtlinie[1] und entspricht nicht unbedingt den Betriebsbegriffen in § 4 BetrVG, § 1 KSchG und § 23 KSchG.

Es handelt sich bei einem Betrieb um eine Einheit, welcher die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer zur Erfüllung ihrer Aufgabe angehören. Dabei muss es sich um eine unterscheidbare Einheit von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität handeln, die zur Erledigung einer oder mehrerer bestimmter Aufgaben bestimmt ist und über eine Gesamtheit von Arbeitnehmern sowie über technische Mittel und eine organisatorische Struktur zur Erfüllung dieser Aufgaben verfügt. Die Einheit muss weder rechtliche noch wirtschaftliche, finanzielle, verwaltungsmäßige oder technologische Autonomie besitzen, um als Betrieb qualifiziert werden zu können.[2] Es bedarf deshalb auch keiner Leitung, die selbstständig Massenentlassungen vornehmen kann. Vielmehr reicht es aus, dass eine Leitung besteht, die die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeit und die Kontrolle des Gesamtbetriebs der Einrichtungen der Einheit sowie die Lösung technischer Probleme im Sinne einer Aufgabenkoordinierung sicherstellt.[3]

Auch wenn eine zentrale, überörtliche Leitung zu einem einheitlichen Betrieb im Sinne des BetrVG oder des § 23 KSchG führen kann, können dennoch die örtlichen Niederlassungen als eigene Betriebe im Sinne des § 17 KSchG zu qualifizieren sein. Bedeutung hat dies für die Frage, bei welcher Agentur für Arbeit die Massenentlassungsanzeige zu erstatten ist. Aufgrund dieses unionsrechtlichen Betriebsbegriffs lehnt die Rechtsprechung auch einen rein berufsgruppenbezogenen Betriebsbegriff ("Betrieb Cockpit") ab.[4]

2.2 Arbeitnehmerbegriff

Arbeitnehmer i. S. d. § 17 KSchG sind diejenigen im Sinne von § 1 KSchG. Auszubildende und Volontäre werden miterfasst. Dagegen greifen die Vorschriften nicht für Heimarbeiter, freie Mitarbeiter und Handelsvertreter.

Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist im Rahmen von § 17 KSchG ohne Bedeutung. Denn die Vorschrift verfolgt einen arbeitsmarktpolitischen Zweck und nicht den im ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes geregelten individuellen Schutz der Arbeitnehmer[1], der von den §§ 17 ff. KSchG unberührt bleibt.

Als Arbeitnehmer sollen nicht die in § 17 Abs. 5 KSchG genannten leitenden Mitarbeiter gelten, u. a. also Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. Gesetzlich vertretungsberechtigte Organmitglieder von juristischen Personen (z. B. Geschäftsführer einer GmbH, Vorstand einer AG) sind ebenfalls ausgenommen. Die Vorschrift entspricht insoweit § 14 KSchG, ist allerdings mit der europäischen Massenentlassungs-Richtlinie 98/59/EG nicht vereinbar. Mit der Entscheidung vom 9.7.2015 hat der EuGH klargestellt, dass Geschäftsführer, die gegenüber der Gesellschafterversammlung weisungsgebunden sind, eine Vergütung erhalten und keine Anteile an der Gesellschaft halten, als Arbeitnehmer i. S. d. § 17 KSchG zählen.[2] Dies gilt dann erst recht für die sonstigen leitenden Angestellten. Die Rechtsfolge hiervon ist nicht, dass Geschäftsführer von GmbHs nunmehr Kündigungsschutz genießen, sondern allein, dass sie bei der Überprüfung der Schwellenwerte des § 17 KSchG mitzuzählen sind. Nicht mitzuzählen sind aber weiterhin Geschäftsführer einer GmbH, die Mehrheitsgesellschafter sind, sowie Vorstände von Aktiengesellschaften.

Regelanzahl an Arbeitnehmern im Betrieb

Bei der Ermittlung der Regelanzahl der im Betrieb (nicht Unternehmen) beschäftigten Arbeitnehmer ist nicht auf die durchschnittliche Beschäftigungszahl in einem bestimmten Zeitraum, sondern auf die normale Beschäftigtenzahl, d. h. diejenige Personalstärke abzustellen, die für den Betrieb im Allgemeinen, also bei regelmäßigem Gang des Betriebs, kennzeichnend ist. Werden Arbeitnehmer nicht ständig, sondern nur zeitweilig beschäftigt, kommt es darauf an, ob sie normalerweise während des überwiegenden Teils des Jahres beschäftigt werden.[3] Dies gilt auch für Saisonbetriebe.[4]

Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer befristet beschäftigt wird, führt nicht dazu, dass er nicht mitzuzählen wäre.[5]

Bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl ist ein Rückblick anzustellen auf die bisherige Personalstärke und eine Prognoseentscheidung bezüglich der künftigen Entwicklung zu ermitteln.[6] Bei einer Betriebsstilllegung mit stufenweisem Personalabbau kommt es auf den Personalbestand im Zeitpunkt der Beschlussfassung und nicht auf den im Zeitpunkt der tatsächlichen Stilllegung an.[7]

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