Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestandsschutzregelung bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld

 

Orientierungssatz

1. Die Erweiterung des Bemessungsrahmens gemäß § 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB 3 von einem auf zwei Jahre ermöglicht es nicht, im Bemessungsrahmen liegende niedrige Monatsverdienste von der Bemessung auszunehmen, sondern dient einzig und allein der zeitlichen Erweiterung des Bemessungsrahmens.

2. Nach § 131 Abs. 4 SGB 3 ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist, wenn der Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des neuen Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen hat. Damit soll der bisherige Bestand des Anspruchs eines Arbeitslosen für einen Zeitraum von zwei Jahren auch dann gewahrt bleiben, wenn aus den letzten Beschäftigungen ein geringerer Anspruch auf Arbeitslosengeld folgen würde. Die Bereitschaft des Arbeitslosen soll auf diese Weise gefördert werden, auch eine geringer entlohnte Beschäftigung aufzunehmen.

3. Der Bezug von Arbeitslosengeld i. S. von § 131 Abs. 4 SGB 3 ist ein tatsächlicher Vorgang. Voraussetzung ist, dass der Leistungsberechtigte tatsächlich Leistungen erhalten hat. Nicht ausreichend ist, dass Leistungen nur bewilligt worden sind.

4. Bei der Bestandsschutzregelung in § 131 Abs. 4 SGB 3 handelt es sich nicht um eine Folgewirkung der Bestandskraft eines früheren Verwaltungsaktes, sondern um eine Sondervorschrift zur Bestimmung des Bemessungsentgelts in ausgewählten Fällen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg) nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III).

Der am 1968 geborene und seit dem Jahr 2005 geschiedene Kläger war im Zeitraum vom 1. Juni 2005 bis 5. Juni 2007 als Arbeitnehmer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis und die Beschäftigung des Klägers endeten am 5. Juni 2007 durch eine sofort wirksame Kündigungserklärung des Arbeitgebers. Am 6. Juni 2007 meldete sich der Kläger bei der Beklagten persönlich arbeitslos. In der Arbeitgeberbescheinigung schilderte der Arbeitgeber zum Kündigungsgrund arbeitsvertragswidriges und strafbares Verhalten des Klägers. Der Kläger erklärte gegenüber der Beklagten, diese Darstellung sei zutreffend. Im Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Mai 2007 rechnete der Arbeitgeber ein beitragspflichtiges Bruttoentgelt von insgesamt 25.617,30 Euro ab. Darin war für den Zeitraum vom 1. März 2007 bis zum 31. Mai 2007 ein beitragspflichtiges Entgelt von insgesamt 4.459,38 Euro enthalten.

Die Beklagte nahm mit einem als rechtsbehelfsfähig bezeichneten Schreiben vom 27. Juni 2007 an, dass aufgrund arbeitsvertragswidrigen Verhaltens des Klägers eine Sperrzeit für den Bezug von Alg vom 6. Juni 2007 bis 28. August 2007 eingetreten sei. Des Weiteren bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juni 2007 Alg ab dem 6. Juni 2007 in Höhe von täglich 27,23 Euro, wobei die Beklagte aber annahm, dass aufgrund einer Sperrzeit der Anspruch bis zum 28. August 2007 ruhe. Hiergegen erhob der Kläger keinen Widerspruch.

Der Kläger nahm ab dem 25. August 2007 ein mehr als 15 Arbeitsstunden wöchentlich umfassendes Beschäftigungsverhältnis auf. Die Beklagte hob daraufhin die Bewilligung des Alg ab dem 25. August 2007 auf. Das Arbeitsverhältnis endete am 16. November 2007. Der Kläger war bereits ab dem 25. September 2007 arbeitsunfähig und bezog seit dem 7. November 2007 Krankengeld, welches bis einschließlich 24. März 2009 gezahlt wurde.

Am 19. Dezember 2008 meldete sich der Kläger zum 25. März 2009 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg unter Angabe der Steuerklasse I und verneinte, dass er ein Kind bzw. einen Anspruch auf Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag habe. Der Arbeitgeber bescheinigte ein beitragspflichtiges Entgelt im Zeitraum vom 25. August 2007 bis 16. November 2007 von 2.677,29 Euro.

Die Beklagte gewährte daraufhin mit Bescheid vom 12. Februar 2009 Alg ab dem 25. März 2009 in Höhe von 20,76 Euro täglich für eine Anspruchsdauer von 360 Tagen. Hierbei berücksichtigte sie Entgelte im Zeitraum vom 1. März 2007 bis 31. Mai 2007 (angenommenes Entgelt in Höhe von insgesamt 5.459,38 Euro) und vom 25. August 2007 bis zum 6. November 2007 (Entgelt in Höhe von insgesamt 2.677,29 Euro) für insgesamt 166 Tage, woraus rechnerisch ein tägliches Entgelt von 49,02 Euro folgte.

Hiergegen erhob der Kläger am 17. Februar 2009 Widerspruch: Ihm stehe aufgrund der vorherigen Bewilligung des Alg im Jahr 2007 Bestandsschutz auf höheres Alg zu.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2009 zurück: Ein Bestandsschutz komme nicht in Betracht, weil der Kläger tatsächlich kein Arbeitslosengeld erhalten habe.

Am 11. März 2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) Klage erhoben, welche das SG mit Urteil vom 21. Januar 2010 abgewiesen hat: Nach der für die Folgebewilligung von Alg geltenden Bestandsschutzregelung sei es nicht aus...

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