Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Zufluss einer Krankengeldnachzahlung nach Antragstellung. Verbrauch zur Schuldentilgung. Rücknahme der rechtwidrigen Leistungsbewilligung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme bleibt rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungszeitraum hinaus zu berücksichtigendes Einkommen, ungeachtet der Tatsache, dass der Hilfebedürftige das Einkommen für seine Schuldentilgung verbraucht hat.

2. Ein Bewilligungsbescheid ist rechtswidrig, auch wenn der Hilfebedürftige vor seinem Erlass zugeflossene Einnahmen zur Schuldentilgung bereits verbraucht hatte. Unerheblich ist es, dass der Hilfebedürftige im Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides über dieses Einkommen nicht mehr verfügt.

3. Schulden sind nicht vom Einkommen in Abzug zu bringen. Dies gilt selbst dann, wenn sich der Hilfeempfänger außerstande sieht, bestehende vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen.

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 04.06.2008 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungsbescheides mit Wirkung ab dem 01.04.2007.

Der 1954 geborene und seit Januar 2004 dauernd getrennt lebende Kläger bezieht seit dem 22.01.1998 von der Bau Berufsgenossenschaft eine Unfallrente; ab dem 01.07.2003 betrug diese monatlich 230,23 €. Seit dem 01.01.2005 erhält er von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Zum 01.10.2004 mietete der Kläger ein Einfamilienhaus "A G M -" in K an. Die monatliche Miete belief sich auf 300,00 € zzgl. einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von monatlich 50,00 €.

Mit Bescheid vom 21.06.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.07.2006 bis zum 31.12.2006. Im Juli 2006 betrugen die Leistungen 568,02 € und ab dem 01.08.2006 465,75 € monatlich. Bei Antragstellung am 08.06.2006 hatte sich der Kläger unterschriftlich verpflichtet, der Beklagten künftige Änderungen (insbesondere der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse) unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen.

Mit am 27.11.2006 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben teilte die A K mit, dass der Kläger noch einen Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 11.07.2002 bis zum 26.05.2003 in Höhe von 15.869,27 € habe und für den Kläger nach Abzug eines Erstattungsbetrages der Agentur für Arbeit noch ein Auszahlungsbetrag von 7.319,45 € verbleibe. Der Betrag wurde auf Wunsch des Klägers auf das Konto seiner Bekannten S H (H.-P.) überwiesen. Ihr schuldete der Kläger 2.500,00 €. H.-P. nahm nach Eingang des Geldes auf ihrem Konto auf Anweisung des Klägers verschiedene Überweisungen für ihn vor. Grundlage der Zahlung der AOK war das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19.10.2006 (L 5 KR 29/05).

Am 21.12.2006 begehrte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Das Antragsformular war von ihm am 18.12.2006 ausgefüllt und unterschrieben worden. Zu den in Punkt V. und VI. des Antragsformulars geforderten Angaben bzgl. “Änderungen in ihren Einkommensverhältnissen und/oder der Angehörigen in der Bedarfsgemeinschaft„ bzw. "Änderungen in ihren Vermögensverhältnissen und/oder der Angehörigen in der Bedarfsgemeinschaft„ gab er an, dass insoweit keine Änderungen eingetreten seien. Der Kläger versicherte unterschriftlich die Richtigkeit der gemachten Angaben.

Mit Bescheid vom 22.12.2006 bewilligte ihm die Beklagte daraufhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.01.20007 bis zum 28.02.2007 in Höhe von 270,04 € und vom 01.03.2007 bis zum 30.06.2007 in Höhe von 408,04 € monatlich. Die Beklagte ging von einem Gesamtbedarf des Klägers in Höhe von 638,27 € aus (Regelleistungen in Höhe von 345,00 € und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 293,27 €) und rechnete als Einkommen des Klägers bis zum 28.02.2007 368,23 € (230,23 € Rente und 138,00 € sonstiges Einkommen) und ab dem 01.03.2007 230,23 € an.

Am 31.01.2007 teilte die Bundesagentur für Arbeit der Beklagten mit, dass sie dem Kläger an diesem Tag Arbeitslosengeld in Höhe eines Betrages von 2.786,86 € nachgezahlt habe. Der Kläger verfügte seinerzeit nicht über ein eigenes Konto und hatte deshalb der Agentur für Arbeit die Bankverbindung von H.-P. mitgeteilt. Der Betrag wurde daraufhin an die Agentur für Arbeit zurück überwiesen und dem Kläger wunschgemäß zwei Verrechnungsschecks in Höhe von 1.286,86 € und 1.500,00 € ausgestellt. Diese löste der Kläger am 02.03.2007 ein. Nach Abzug einer Scheckgebühr in Höhe von jeweils 2,10 € wurden ihm 1.497,90 € und 1.284,76 € gut geschrieben.

Mit Bescheid vom 07.03.2007 hob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen Wegf...

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