Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Berechnung des Elterngeldes. Einkommensermittlung. Gehaltsnachzahlung im folgenden Kalenderjahr, innerhalb des Bemessungszeitraums. sonstige Bezüge. steuerrechtliches Zuflussprinzip

 

Orientierungssatz

1. Zur Berechnung des Elterngeldes unter Berücksichtigung von Gehaltsnachzahlungen für das vorangegangene Kalenderjahr, die dem Elterngeldberechtigten in den 12 Monaten vor der Geburt zufließen.

2. Die Regelung des § 2 Abs 7 S 3 BEEG ist dahingehend auszulegen, dass sonstige Bezüge iSd § 38a EStG (nur) dann nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, wenn es sich zugleich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt iSd § 23a SGB 4 handelt

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 06.04.2009 aufgehoben. Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 05.11.2007 in der Fassung der Bescheide vom 07.01.2008 und 14.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2008 verurteilt, der Klägerin höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der im März 2007 erfolgten Gehaltsnachzahlung von 1.562,42 EUR Brutto zu zahlen. Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Nachzahlung von Gehalt im folgenden Kalenderjahr für abgeschlossene Abrechnungszeiträume des Vorjahres elterngeldsteigernd zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin ist Mutter des am 00.00.2007 geborenen U. Vor der Geburt ihres Sohnes war sie beim Erzbistum L als Lehrerin beschäftigt. Aufgrund von Abrechnungsproblemen zahlte das Erzbistum der Klägerin ihr Gehalt zum Teil verspätet aus. So erhielt die Klägerin unter anderem erst im März 2007 neben einer Nachzahlung für die Monate Januar und Februar 2007 eine Nachzahlung in Höhe von 1.562,42 EUR für die Monate August sowie Oktober bis Dezember 2006.

Auf ihren im Juni 2007 gestellten Antrag bewilligte ihr das Versorgungsamt L mit Bescheid vom 05.11.2007 Elterngeld für den 5. bis 12. Lebensmonat in Höhe von 794,28 EUR.

Auf den Widerspruch der Klägerin erhöhte der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 07.01.2008 und weiterem Abhilfebescheid vom 14.04.2008 das Elterngeld auf zuletzt 815,35 EUR monatlich. Die Gehaltsnachzahlung von März 2007 für Gehaltszeiträume des Vorjahres ließ der Beklagte dabei aber - anders als Nachzahlungen für das Jahr 2007 - weiter unberücksichtigt.

Die Klägerin erhielt ihren Widerspruch insoweit aufrecht und verlangte die Berücksichtigung auch dieser Nachzahlung beim Elterngeld. Diesen Widerspruch wies die Bezirksregierung Münster mit Bescheid vom 10.09.2008 zurück. Nachträglich gezahltes Arbeitsentgelt könne nur dann für das Elterngeld berücksichtigt werden, wenn die Nachzahlung sich ausschließlich auf Lohnzahlungszeiträume beziehe, die im Kalenderjahr der Zahlung endeten. Lägen dagegen Zeitpunkt und Zeitraum der Nachzahlung in zwei verschiedenen Kalenderjahren, sei die Nachzahlung als "sonstiger Bezug" sehen. Dieser dürfe bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden.

Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG in Verbindung mit § 38 a Abs. 1 S. 3 EStG führe zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung mit Arbeitnehmern, deren Entgelt richtig abgerechnet wurde. Rein steuerlich ergebe sich durch den im Rahmen der Steuererklärung erfolgenden Ausgleich kein Nachteil. Es sei dem Arbeitnehmer auch grundsätzlich nicht zuzumuten, seinen Arbeitgeber wegen der verspäteten Zahlung auf Schadensersatz zu verklagen.

Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 06.04.2009 hat das Sozialgericht Köln die auf Berücksichtigung der im März 2007 erfolgten Gehaltsnachzahlung und auf Zahlung höheren Elterngeldes gerichtete Klage abgewiesen. § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG schließe die Berücksichtigung sonstiger Bezüge im Sinne von § 38 a Abs. 1 S. 3 EStG bei den maßgeblichen Einnahmen aus. Sonstige Bezüge seien auch nach der Auffassung der Klägerin grundsätzlich Nachzahlungen, wenn sie sich auf Lohnzahlungszeiträume beziehen, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung enden.

§ 2 Abs. 7 S. 2 BEEG verstoße nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 GG. Der Gesetzgeber habe mit dem Ausschluss sonstiger Bezüge von der Elterngeldberechnung seinen weiten Gestaltungsspielraum bei der Gewährung steuerfinanzierter Sozialleistungen nicht überschritten. Maßgeblich seien dabei Gesichtspunkte der Praktikabilität und Vereinheitlichung mit dem Steuerrecht gewesen. Der Rückgriff auf die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers ermögliche eine zeitnahe Berechnung des Elterngeldes ohne großen Verwaltungsaufwand bei der Differenzierung sonstiger Leistungen, welche typischerweise nicht das laufende Arbeitsentgelt beträfen.

Die typisierende Betrachtung des Gesetzgebers führe zudem nicht durchweg zu Nachteilen der Arbeitnehmer. Wenn Korrekturen des Entgelts nach dem Berücksichtigungszeitraum ein geringeres Entgelt ergäben, seien diese...

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