Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder. Berücksichtigung von Abfindungen wegen Verlust des Arbeitsplatzes. unterschiedliche Behandlung von laufenden und einmaligen Abfindungen. Verfassungsmäßigkeit. Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler. autonomes Recht. ordnungsgemäße Veröffentlichung. rückwirkende Genehmigung. Wirksamkeit

 

Orientierungssatz

1. Abfindungen wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes, die als laufende Zahlungen erbracht werden, unterliegen in vollem Umfang der Beitragsbemessung. Die Bestimmung in § 4 Nr 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler ist wirksam.

2. Die unterschiedliche Behandlung von monatlich (laufend) gewährten Abfindungen und nicht monatlich gezahlten Abfindungen (Einmalzahlungen) im Rahmen der Beitragsbemessung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

3. Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind nicht nur Verwaltungsvorschriften, die lediglich die schon in § 240 SGB 5 angeordnete Beitragsbemessung konkretisieren. Sie sind vielmehr autonomes Recht, zu deren Erlass der Gesetzgeber den Spitzenverband Bund der Krankenkassen ermächtigen durfte.

4. Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind durch die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger auch ordnungsgemäß veröffentlicht worden.

5. Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind aufgrund der rückwirkenden Genehmigung mit Beschluss vom 30.11.2011 durch den Verwaltungsrat als zuständiges Organ zum 1.1.2009 wirksam geworden und können nunmehr Grundlage der Beitragsfestsetzung ab dem 1.1.2009 sein. Die rückwirkende Inkraftsetzung verstößt in diesem Fall auch nicht gegen das Rechtsstaatsgebot des Art 20 GG.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.10.2014; Aktenzeichen B 12 KR 10/12 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.11.2010 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der vom Kläger in der Zeit vom 28.03.2009 bis zum 31.10.2010 zu zahlenden Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung.

Der 1950 geborene Kläger war ab dem 01.10.1974 bei der T. AG beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis endete zum 30.06.2006 aus betriebsbedingten Gründen. Wegen des Verlustes seines Arbeitsplatzes gewährte die T. AG dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 192.400,- Euro brutto, die in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 3700,- Euro vom 01.07.2006 bis zum 31.10.2010 durch das Pension Systems Germany (PSG) ausgezahlt wurde. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der Kläger zunächst vom 01.07.2006 bis zum 25.02.2007 freiwillig bei der Beklagten krankenversichert und danach bis zum 03.03.2009 wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld pflichtversichert. Im Anschluss daran bezog er bis zum 27.03.2009 Krankengeld.

Während der freiwilligen Versicherung in der Zeit vom 01.07.2006 bis zum 25.02.2007 zahlte der Kläger einen monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung von 125,80 Euro. Nach § 12 III.J der damaligen Satzung der Beklagten in Verbindung mit Anlage 3 wurde von der Abfindung des Klägers unter Berücksichtigung seines Alters und der Betriebszugehörigkeit nur ein Anteil von 25 % (= 925,-Euro) bei der Beitragsbemessung berücksichtigt. Ab dem 28.03.2009 beantragte der Kläger die Durchführung einer erneuten freiwilligen Mitgliedschaft bei der Beklagten. Er gab an weiterhin über laufende Einnahmen in Höhe von monatlich 3700,- Euro aufgrund der Abfindungszahlung zu verfügen. Mit Beitragsbescheid vom 08.05.2009 stellte die Beklagte ab dem 28.03.2009 einen monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 547,58 Euro fest (Beitragsbemessungsgrenze von 3675,-Euro, Beitragssatz 14,90 %). Mit Beitragsbescheid vom 19.06.2009 wurde dieser Beitrag ab dem 01.07.2009 wegen der Absenkung des Beitragssatzes auf 14,30 % auf monatlich 525,53 Euro reduziert.

Den am 14.05.2009 eingelegten Widerspruch des Klägers gegen die Höhe der Beitragsfestsetzung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2009 zurück. Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder werde einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband (GKV-SpV)) geregelt. Dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragszahlung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtige (§ 240 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)). Die "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst entrichteten Beiträge" (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27.10.2008 regelten das Nähere zur Beitragsbemessung. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze würden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen. Den in § 3 Abs. 1 Satz der Beitragsverfahrensgrundsätze aufgeführten beitragspflichtigen Einnahmen seien nach § 4 Nr. 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze auch Abfindungen, E...

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