Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebung von Nachversicherungsbeiträgen durch den Rentenversicherungsträger bei Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Nachentrichtung von Beiträgen kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn er nach § 25 Abs. 1 SGB 4 verjährt ist. Liegt ein Aufschubgrund nicht vor, so wird der Beitragsanspruch des Rentenversicherungsträgers sofort mit dem unversorgten Ausscheiden des Versicherten aus dem Beamtenverhältnis fällig. Wurden Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten, so gilt die kurze Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB 4 von vier Jahren.

2. Eine positive Kenntnis vom Fehlen eines Aufschubgrundes ist unter dem Gesichtspunkt eines Organisationsmangels einer juristischen Person als Arbeitgeber dann zu unterstellen, wenn diese es unterlässt, den Geschäftsbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass die ordnungsgemäße Erledigung der ihr obliegenden wichtigen Aufgabengebiete gewährleistet ist. Kommt die Behörde diesen Pflichten nicht nach, so kann sie sich auf positive Kenntnis dann nicht berufen, wenn der jeweilige Sachbearbeiter bei ordnungsgemäßer Regelung des Geschäftsganges entsprechende Kenntnis hätte haben müssen.

3. Im Rahmen des dreiseitigen Nachversicherungsverhältnisses zwischen ehemaligem Arbeitgeber, ausgeschiedenem Arbeitnehmer und Rentenversicherungsträger ist der ehemalige Arbeitgeber verpflichtet, bei Ausscheiden eines Beschäftigten eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Nachversicherungsbeiträge gezahlt werden sollen oder nicht und ob Beiträge nachzuentrichten sind.

4. Ist der Arbeitgeber diesen Pflichten nachgekommen, so ist es ausschließlich Aufgabe des Rentenversicherungsträgers, zu prüfen, ob eine Aufschubentscheidung des Dienstherrn vorliegt und anderenfalls die Beitragsnachentrichtung festzusetzen. Der ehemalige Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, nach Erteilung einer Aufschubbescheinigung den Fortbestand eines von ihm darin bejahten Aufschubgrundes zu prüfen und die Nachversicherung bei dessen Wegfall von sich aus durchzuführen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.03.2009 in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 19.05.2009 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 27.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2007 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auf 6.065,19 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten geforderte Nachversicherungsbeiträge zugunsten des Beigeladenen zu zahlen hat.

Der am 00.00.1958 geborene Beigeladene I C war vom 01.08.1973 bis zum 30.09.1976 bei der Klägerin als Postjungbote und Postschaffner zur Anstellung (z.A.) versicherungsfrei beschäftigt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst bei der Klägerin übte er vom 20. bis zum 24.10.1976 sowie vom 15.11.1976 bis zum 18.02.1977 versicherungspflichtige Beschäftigungen als Arbeiter aus. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit leistete der Beigeladene in der Zeit vom 01.04.1977 bis zum 30.06.1978 bei der Bundeswehr seinen Grundwehrdienst ab. Auch im Anschluss daran war er stets versicherungspflichtig beschäftigt.

Im September 1977 übersandte die Klägerin dem Beigeladenen einen Fragebogen bezüglich einer eventuell durchzuführenden Nachversicherung für seine dortige Tätigkeit als Postjungbote und -schaffner z.A. In diesem Vordruck gab der Beigeladene unter dem 30.09.1977 fälschlicher Weise an, seit dem 01.04.1977 bei der Bundeswehr als Soldat auf Zeit beschäftigt zu sein, obwohl er tatsächlich seinen Grundwehrdienst leistete. Daraufhin erstellte die Klägerin am 21.11.1977 eine so genannte Aufschubbescheinigung, in der sie unter Nennung der zum 01.04.1977 von dem Beigeladenen (angeblich) aufgenommenen Tätigkeit als Soldat auf Zeit ausführte, dass die Nachentrichtung der Beiträge für die Zeit seines Dienstes bei der Klägerin als Postjungbote und -schaffner z.A. vom 01.08.1973 bis zum 30.09.1976 nach § 1403 Abs.1 Reichsversicherungsordnung - RVO - bzw. § 125 Abs.1 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - aufgeschoben werde. Zur Begründung führte sie aus, dass der Beigeladene binnen eines Jahres nach seinem Ausscheiden aus dem dortigen Dienst erneut eine in der Rentenversicherung der Arbeiter oder Angestellten versicherungsfreie Beschäftigung aufgenommen habe. Die an die Beklagte sowie den Beigeladenen versandte Aufschubbescheinigung ging am 22.11.1977 bei der Beklagten ein. Nachdem deren Beitragsabteilung - Kartenverwaltung - eine Versicherungsnummer bzw. -karten bezüglich des Beigeladenen nicht ermitteln konnte, wurde Weiteres von dort nicht veranlasst. Beiträge zugunsten des Beigeladenen für dessen Dienst bei der Klägerin forderte die Beklagte auch nachfolgend nicht an und wurden von der Klägerin nicht entrichtet.

(Erst) im Rahmen eines von ihr eingeleiteten Kontenklärungsverfahrens fragte die Beklagte unter dem 30.11.2006 bei der Klägerin an, ob zu...

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