rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Dortmund (Entscheidung vom 09.12.1997; Aktenzeichen S 39 (26) P 16/97)

 

Nachgehend

BSG (Aktenzeichen B 3 P 3/00 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 9. Dezember 1997 abgeändert, soweit das SG die Beklagte zur Leistung von 1279,89 DM abzüglich eines Eigenanteils von 10 vH verurteilt hat; insoweit wird die Klage abgewiesen. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erteilen. Die Beklagte trägt die der Klägerin entstandenen außergerichtlichen Kosten auch für den zweiten Rechtszug. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der beklagten Pflegekasse die Erstattung von Kosten, die sie für die Installation einer Gegensprechanlage aufgewandt hat. Sie ist am xx.xx.xxxx geboren und leidet u.a. an Morbus Parkinson. Die Klägerin bezieht von der Beklagten Leistungen nach der Pflegestufe III; sie wird von ihrem Ehemann und Bevollmächtigten gepflegt. Mit diesem und einem Sohn der Eheleute bewohnt sie den ersten Stock eines Mehrfamilienhauses; eine Treppe führt zum Bad. Zur Wohnung gehört eine eigene Haustür, die vor Installation der streitigen Anlage über eine Kabelverbindung mit einem Türdrücker geöffnet werden konnte, der am oberen Ende der zur Wohnung führenden Wendeltreppe angebracht war. Nach Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) im Gutachten vom 14.7.1995 benötigt die Klägerin Hilfe bei allen Grundpflegeverrichtungen; sie kann insbesondere das Gleichgewicht nicht halten und nur mit Hilfe aufstehen, stehen und kurze Strecken innerhalb der Wohnung zurücklegen. Der MDK hat die Installation der Gegensprechanlage später für medizinisch notwendig erklärt (Gutachten vom 23.7.1996).

Mit undatiertem, am 1.4.1996 bei der Kasse eingegangenem Schreiben hatte die Klägerin mitgeteilt, sie bitte um Übernahme der Kosten für eine Türsprechanlage; durch ihre Krankheit liege sie viel im Bett; sie könne Treppen nicht begehen und somit nicht sehen, wer vor der Haustür stehe und geklingelt habe; wenn ihr Mann nicht da sei und ein Notfall eintrete, könne sie Helfer nicht hereinlassen. Die Klägerin hatte dem Schreiben eine Rechnung der Fa. xxxxxxx- xxxxxxxxxx vom 25.3.1996 beigefügt, nach der diese am 21./22.3.96 eine Sprechanlage installiert hatte und für Material und Monteur stunden (262 DM) insgesamt 1279,89 DM berechnet hatte.

Die Beklagte lehnte die Erstattung von Kosten ab; unter Hinweis auf § 40 des Sozialgesetzbuches (SGB) XI führte sie zur Begründung aus: Türsprechanlagen gehörten zu den Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens und dienten nicht dem Ausgleich einer Behinderung oder dergleichen; eine solche Anlage stelle keine Leistung der Krankenversicherung bzw. der Pflegeversicherung dar; da die eingebaute Türsprechanlage nicht in das Pflegehilfsmittelverzeichnis aufgenommen sei, habe eine Leistungsgewährung nach § 40 Abs 1 SGB XI ausscheiden müssen; die Prüfung unter dem Aspekt "Verbesserung des Wohnumfeldes" habe ergeben, daß durch den Einbau der Türsprechanlage nicht die Pflege ermöglicht werde, denn der Zutritt der Pflegeperson könne auch mittels Schlüssel erfolgen; es werde auch die selbständige Lebensführung nicht wiederhergestellt, denn die Möglichkeit, die Wohnungstür selbständig zu öffnen, versetze die Klägerin nicht in die Lage, eine der in § 14 SGB XI ab schließend aufgeführten Verrichtungen wieder selbständig zu übernehmen (formloser Hinweis vom 2.4.1996, Bescheid vom 4.4.1996 und den Widerspruch der Klägerin in der Sache zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 14.1.1997).

Die Klägerin hat am 10.2.1997 Klage erhoben. Ihr Ehemann hat geltend gemacht, seine Frau sei mehrere Stunden am Tage gelähmt; vor sechs Monaten sei sie, während er einkaufen gewesen sei, in der Wohnung gefallen und habe sich mehrere Rippen gebrochen; das Versorgungsamt habe seiner Frau die Nachteilsmerkmale "H", "G", "aG", "B" und "RF" zuerkannt. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat zu den Akten gegeben: ein Pflegeprotokoll, einen Bescheid des Versorgungsamtes vom 19.7.1993 sowie Bescheinigungen einer Krankengymnastin (vom 21.5.1997) und der Ärzte für Allgemeinmedizin Dr. Sxxxxxx-Sxxxxxxxx (vom 21.11.1998) und Dr. Vxxxxxx (4.2.1997). Letzterer hatte erklärt, die Krankheit mache die Klägerin zeitweise nahezu vollständig bewegungsunfähig; aus Sicherheitsgründen sei es im dortigen Stadtteil nicht zu verantworten, die Tür mittels Türdrücker zu öffnen, ohne zuvor mit dem Besucher gesprochen zu haben; für den Notfall könne man nicht alle in Betracht kommenden Helfer (Polizei, Feuerwehr pp) mit Schlüsseln versorgen. Der Ehemann und Bevollmächtigte der Klägerin hat dem SG in der mündlichen Verhandlung Photos zur Erläuterung der Situation seiner Frau vorgelegt.

Das SG Dortmund hat die Beklagte mit Urteil vom 9. Dezember 1997 nach dem Antrag der Klägerin unter Aufhebung ...

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