Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Elterngeldes für einen selbständig Tätigen

 

Orientierungssatz

1. Ist der Elterngeldberechtigte vor der Geburt seines Kindes selbständig tätig gewesen, so ist für die Bemessung des Elterngeldes nach § 2b Abs. 3 S. 1 BEEG abweichend vom Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes das Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes heranzuziehen.

2. Bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. des Steuerrechts handelt es sich elterngeldrechtlich um Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, gleichgültig, ob das Einkommen Plus, Minus oder Null beträgt. Dies gilt für den Elterngeldberechtigten hinsichtlich seiner Gewinnanteile auch dann, wenn er als Kommanditist und Geschäftsführer einer GmbH tatsächlich insoweit keine Arbeitsleistung erbringt (BSG Urteil vom 26. 3. 2014, B 10 EG 4/13 R).

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung höheren Elterngeldes.

Die Klägerin ist 1974 geboren und war seit September 2013 abhängig beschäftigte Geschäftsführerin der G.-GmbH. Darüber hinaus war die Klägerin aushilfsweise bei der R. GmbH und dem P. beschäftigt. Die Klägerin hält daneben Anteile in Höhe von 3,75% der C. und in Höhe von 25% der G1 GmbH. Tätigkeiten in beiden Unternehmen hat sie seit Februar 2014 nicht mehr ausgeübt. Zu Gewinnausschüttungen ist es aus beiden Beteiligungen nicht gekommen. Der Steuerbescheid für das Jahr 2015 weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 0 EUR aus.

Am xxxxx 2016 wurde die Tochter E. der Klägerin geboren, am 10. November 2016 beantragte die Klägerin Elterngeld. Mit Bescheid vom 29. Dezember 2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den ersten Lebensmonat von 0 EUR, für den zweiten in Höhe von 132,80 EUR - hierbei wurde das Mutterschaftsgeld bzw. der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld angerechnet - und für den 3.-14. Lebensmonat Elterngeld in Höhe von jeweils 1.029,35 EUR. Dabei legte die Beklagte als Bemessungszeitraum das Kalenderjahr 2015 zugrunde und kam unter Zugrundelegung eines Einkommens der Klägerin in diesem Jahr von 28.934,96 EUR aus nichtselbständiger Tätigkeit auf ein monatliches Elterngeld-Bruttoeinkommen von 2.494,58 EUR, auf ein Elterngeld-Nettoeinkommen von 1.583,61 EUR und daraus resultierend auf ein Elterngeld von 1.029,35 EUR monatlich.

Hiergegen legte die Klägerin am 12. Januar 2017 Widerspruch ein, mit welchem sie begehrte, die zwölf Lebensmonate vor der Geburt ihres Kindes, d.h. die Monate August 2015 bis August 2016 der Berechnung zu Grunde zu legen. Sie sei nicht selbständig tätig und erziele erst recht keine Einkünfte aus einer solchen Tätigkeit. Sie sei lediglich Kommanditistin der C. KG, die seit Jahren nur Verluste erwirtschafte und überschuldet sei. Ferner sei sie zu 25 % Mitgesellschafterin der G1 GmbH. Auch diese Gesellschaft sei seit Jahren verschuldet und erwirtschafte nur Verluste. Daher seien keine Ausschüttungen an sie vorgenommen worden. Eine selbständige Tätigkeit im Jahr 2015 habe daher nicht vorgelegen. Es sei folglich fehlerhaft, das Jahr 2015 als Bemessungszeitraum heranzuziehen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 2017 zurück. Die Klägerin sei im Jahre 2015 selbständig tätig gewesen. Dieses ergebe sich aus dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr. Hierbei sei es unerheblich, ob die Klägerin selbst aktiv gewesen sei oder ob es sich um ein positives oder negatives Einkommen aus Gewerbebetrieb handele. Daher sei gemäß § 2 b Abs. 3 Satz 1 BEEG abweichend vom Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes das Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes heranzuziehen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. Mai 2017, der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 9. Mai 2017, abgewiesen und dabei im Wesentlichen auf den Bescheid der Beklagten Bezug genommen. Ergänzend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 2 b Abs. 3 BEEG Gewinnanteile eines Elterngeldberechtigten aus Unternehmensbeteiligungen auch dann als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen seien, wenn der Elterngeldberechtigte z.B. als Kommanditist einer Kommanditgesellschaft im Hinblick auf die Erzielung dieser Einkünfte tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht habe. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Einkünfte der Klägerin aus den Gesellschaftsbeteiligungen im Kalenderjahr 2015 null Euro betragen hätten. Der Begriff des Einkommens im Sinne des § 2 b Abs. 3 BEEG sei nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers weit auszulegen und umfasse sogar negative Einkünfte (BSG, Urt. v. 27.10.2016 - B 10 EG 5/15 R). Solche lägen bei der Klägerin nicht einmal vor, sie habe lediglich keine Einkünfte gehabt. Eine außergewöhnliche Härte, die einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zur Folge hätte, sei nicht zu erkennen. Die Klägerin werde nicht vom Elterngeldbezug ausgeschlossen, sondern beziehe ihr...

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