Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Anspruch auf Krankengeld. keine Verdrängung des nachgehenden Leistungsanspruchs durch Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5

 

Leitsatz (amtlich)

Ein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V auf Krankengeld wird nicht durch das Bestehen eines Krankenversicherungsschutzes nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V verdrängt.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 31.05.2010 sowie der Bescheid vom 29.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 15.10.2009 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Krankengeld für die Zeit 28.03. bis 26.04.2009 in Höhe von 1.015,80 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt 6/7 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum 27.03. bis 30.04.2009.

Die 1957 geborene Klägerin war als Kauffrau beschäftigt und bei der Beklagten krankenversichert. Ab dem 29.12.2008 war die Klägerin arbeitsunfähig zunächst wegen Neurasthenie (F48.0) bzw. wegen einer schweren depressiven Episode und Anpassungsstörungen (ab dem 06.01.2009 bis zum 05.03.2009, F32.2/F43.2). Am 30.12.2008 kündigte sie auf Anraten ihres Arztes ihr Beschäftigungsverhältnis zum 31.01.2009 und meldete sich zum 01.02.2009 arbeitslos. Bis zum 04.03.2009 bezog die Klägerin Krankengeld. Vom 05.03. bis 26.03.2009 war sie in einer stationären Rehamaßnahme wegen ihrer Wirbelsäulenbeschwerden. In dieser Zeit bezog sie Übergangsgeld vom Rentenversicherungsträger. Am 26.03.2009 wurde sie als arbeitsfähig aus der stationären Rehamaßnahme entlassen.

Am 27.03.2009 wurde die Klägerin von der Internistin Ho. wegen einer akuten Sinusitis maxillaris (J01.0) bis zum 03.04.2009 arbeitsunfähig geschrieben. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AUB) erfolgten am 02.04.2009 (bis 09.04.2009; Eingang der AUB 08.04.2009) wegen Nasenseptumdeviation (J34.2), am 09.04.2009 (bis 19.04.2009, Eingang der AUB 16.04.2009) ebenfalls wegen Nasenseptumdeviation und am 17.04.2009 (bis 15.05.2009, Eingang der AUB 23.04.2009) wegen Anpassungsstörungen (F43.2).

Am 30.04.2009 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos. Wegen Urlaubsabgeltung kam es jedoch erst ab dem 15.05.2009 zur Auszahlung von Arbeitslosengeld.

Mit Schreiben vom 08.04.2009 und 22.04.2009 bat die Klägerin um Auszahlung des Krankengeldes.

Mit Bescheid vom 29.04.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie aus der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme arbeitsfähig entlassen worden sei. Ab 27.03.2009 habe somit - wenn auch nur für einen Teil des Tages - Arbeitsfähigkeit vorgelegen. Am 27.03.2009 sei wegen einer anderen Erkrankung eine Erstbescheinigung ausgestellt worden. Die Klägerin möge sich wegen der Leistungsgewährung ab 27.03.2009 mit der Bundesagentur für Arbeit in Verbindung setzen.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und legte ein ärztliches Attest des Nervenfacharztes He. (vom 05.05.2009) vor, wonach sie seit 06.01.2009 bis 30.04.2009 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Mitgliedschaft habe bis zur arbeitsfähigen Entlassung aus der Rehabilitationsklinik am 26.03.2009 gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) fortbestanden. Ab dem 27.03.2009 habe Frau Ho. eine Erstbescheinigung aufgrund einer neuen Diagnose ausgestellt. Ungeachtet dessen, dass die Hausärztin bei weiterhin bestehender Arbeitsunfähigkeit (AU) aufgrund der bekannten Diagnosen eine fortdauernde AU-Meldung hätte ausstellen können, sei die neue Erkrankung - was auch eindeutig durch das Ausstellen einer Erstbescheinigung angezeigt worden sei - zu einem Zeitpunkt festgestellt worden, an dem eine versicherungspflichtige Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld nicht mehr bestanden habe.

Die dagegen am 04.11.2009 erhobene Klage hat das Sozialgericht für das Saarland (SG) mit Urteil vom 31.05.2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ab dem 27.03.2009 habe die Mitgliedschaft nicht mehr nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 SGB V fortbestanden, da die Klägerin an diesem Tag weder Kranken- oder Übergangsgeld bezogen habe, noch darauf Anspruch gehabt habe. Hierfür hätte es einer ununterbrochenen Krankschreibung durch einen Arzt bedurft. Bei der erneuten Krankschreibung am 27.03.2009 handele es sich indes um eine Erstbescheinigung aufgrund einer anderen Erkrankung. Ein Anspruch auf Krankengeld habe aufgrund dieser AU grundsätzlich ab dem 28.03.2009 entstehen können, allerdings habe am Tag der Krankschreibung ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld nicht bestanden. Somit habe die AU nicht zu einem Krankengeldanspruch führen können. Auch ein nachgehender Leistungsanspruch, gestützt auf § 19 Abs. 2 SGB V, begrenzt auf die Dauer eines Monats,...

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