Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherung. Versicherungspflicht. GmbH-Geschäftsführerin im väterlichen Unternehmen. Vorbereitung auf Unternehmensnachfolge. Inhaberin von 30 % bzw 49 % der Gesellschaftsanteile. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Soll eine Tochter das väterliche Unternehmen fortführen und erhält deshalb schrittweise erst 30 %, dann 49 % und schließlich 51 % der GmbH-Anteile, liegt eine selbständige Tätigkeit der Tochter als Geschäftsführerin der GmbH erst vor bei Überschreibung der Mehrheit der Anteile. Vorher war sie als Geschäftsführerin abhängig beschäftigt, auch wenn sie aus Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation der GmbH auf Teile ihres Gehaltes und ihres Urlaubs verzichtet und Bürgschaften zu Gunsten der GmbH übernommen hat.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 15.04.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in der Zeit vom 01.12.2007 bis 31.03.2010 bei der Beigeladenen zu 3) sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die 1971 geborene Klägerin war bis zum 31.03.2010 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Die Beigeladene zu 3) ist eine GmbH, deren Alleingesellschafter zunächst der Vater der Klägerin war. Gegenstand des Unternehmens ist der Vertrieb von Produkten der Automobilbranche. Am 01.12.2007 schenkte der Vater der Klägerin 30 % der Gesellschaftsanteile. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Klägerin auch neben ihrem Vater Geschäftsführerin der Firma (Gesellschafter-Geschäftsführer-Vertrag vom 26.11.2007). Sowohl der Vater als auch die Klägerin waren von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit. Die Klägerin erhielt ein festes Monatsgehalt von 3.400,00 € sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld jeweils in Höhe eines Monatsgehaltes (§ 5 Geschäftsführervertrag). Im Krankheitsfall bestand ein Gehaltsanspruch für die Dauer von 6 Wochen. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug 60 Stunden; es bestand ein Urlaubsanspruch von 30 Wochentagen (§ 4 Geschäftsführervertrag). Die Klägerin war verantwortlich für den Vertrieb und Projektleitung-Anlagenbau. Für den kaufmännischen Bereich, auch die Personalangelegenheiten, war die Gesellschafterversammlung zuständig. Im Übrigen unterlag die Klägerin den Weisungen der Gesellschafterversammlung (§ 1 Geschäftsführervertrag).

Ab dem 07.08.2008 erhielten die Klägerin 49% und der Vater 51 % der Gesellschaftsanteile. Laut § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vom 07.08.2008 werden Gesellschafterbeschlüsse mit einer Mehrheit von 51 % der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Gesetz oder Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit vorsehen. Die Beschlussfassung über die Änderung der Satzung und die Auflösung der Gesellschaft bedarf immer einer Mehrheit von ¾ des Stammkapitals.

Geschäftsführer der Gesellschaft waren weiterhin die Klägerin und ihr Vater. Nach dem Gesellschafter-Geschäftsführer-Vertrag vom 07.08.2008 erhielt die Klägerin ein festes Monatsgehalt von 4.500,00 €, eine Weihnachtsgratifikation sowie Urlaubsgeld; ferner wurde ihr eine gewinnabhängige Tantieme zugesichert (§ 6 Geschäftsführervertrag). Im Krankheitsfall bestand ein Gehaltsanspruch für die Dauer von 6 Wochen, anschließend war ein monatlicher Zuschuss zum Krankengeld in Höhe der Differenz zwischen bezogenem Krankengeld und dem zuletzt erhaltenen Betrag des Grundgehaltes vorgesehen (§ 6 Nr. 6 Geschäftsführervertrag). Der Anspruch auf Jahresurlaub betrug 30 Arbeitstage (§ 9 Geschäftsführervertrag).

Mit Bescheid vom 07.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2009 entschied die Beklagte, dass die Klägerin ab dem 01.12.2007 als Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 3) abhängig beschäftigt sei und als Arbeitnehmerin grundsätzlich kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig sei. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Beschlüsse der Gesellschaft seien mit einfacher Mehrheit der Stimmen gefasst worden. Die Klägerin sei lediglich mit 30 % am Stammkapital beteiligt gewesen und habe somit keine Möglichkeiten gehabt, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen oder zu verhindern und damit maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens zu nehmen. Die Klägerin habe nicht in gleichberechtigter Stellung zu ihrem Vater gestanden, der als Mehrheitsgesellschafter das “letzte„ Wort gehabt habe und der Klägerin allenfalls “freie Hand„ gelassen haben möge. Bedingt durch das Verhältnis zwischen Familienangehörigen habe die Klägerin sicherlich eine Vertrauensstellung gehabt, die nur schwer auf eine fremde Person übertragbar gewesen sei, allerdings habe eine solche Stellung auf dem Willen des Mehrheitsgesellschafters basiert. Nach § 1 des Gesellschafter-Geschäftsführer-Vertrages vom 26.11.2007 habe die Klägerin den Weisungen der Gesellschafterversammlu...

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