Entscheidungsstichwort (Thema)

Überprüfung von Umwertungsbescheiden bei Bestandsrenten des Beitrittsgebietes. Rücknahme. Zugunstenverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 307a Abs 8 SGB 6 ermächtigt weder dazu, einen Verwaltungsakt mit einem Widerrufsvorbehalt zu erlassen, noch schließt er die Anwendung von § 45 SGB 10 aus oder modifiziert diesen.

2. Im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs 1 S 1 SGB 10 kann auch ein rechtswidriger Bescheid über die Rücknahme eines seinerseits rechtswidrigen leistungsgewährenden Bescheids aufgehoben werden.

 

Orientierungssatz

Die Vertrauensschutzvorschriften der §§ 45 und 48 SGB 10 können ein eigenständiger materieller Rechtsgrund für den Weiterbezug einer zwar unter Verstoß gegen das materielle Leistungsrecht bewilligten, aber langjährig bezogenen Sozialleistung sein (Anschluss an BSG vom 4.2.1998 - B 9 V 16/96 R = SozR 3-1300 § 44 Nr 24).

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die zum 1. Januar 1992 umgewertete und angepasste Hinterbliebenenrente der Klägerin mit Bescheid vom 31. Oktober 1996 rechtmäßig neu festgestellt hat.

Die 1916 geborene Klägerin bezieht seit dem 1. August 1978 eine Hinterbliebenenrente nach ihrem 1913 geborenen und 1978 verstorbenen Ehemann K M, der seit Juli 1975 Invalidenrente bezogen hatte. Mit Bescheid vom 27. November 1991 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Rente ab dem 1. Januar 1992 umgewertet und angepasst und künftig als große Witwenrente geleistet werde. In der zwei Seiten umfassenden Anlage 16 zu dem Bescheid wird die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte aus Renten des Beitrittsgebiets erläutert. Es heißt dort, aus den der bisherigen Rente zugrunde liegenden Daten seien persönliche Entgeltpunkte (Ost) zu ermitteln, die sich durch die Vervielfältigung der durchschnittlichen Entgeltpunkte je Arbeitsjahr mit der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Arbeitsjahre ergäben. Für die Ermittlung der durchschnittlichen Entgeltpunkte je Arbeitsjahr sei das individuelle beitragspflichtige Durchschnittseinkommen, das der bisherigen Rentenberechnung zugrunde liege, mit 240 zu vervielfältigen und durch ein Gesamtdurchschnittseinkommen aller Versicherten zu teilen. Der Betrag des Gesamtdurchschnittseinkommens richte sich nach dem 20-Jahreszeitraum, der vor dem Jahr der Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit ende. Zu dem Gesamtdurchschnittseinkommen für den 20-Jahreszeitraum heißt es auf Seite 1 der Anlage 16, er ende 1944. In dem Bescheid selbst ist ausgeführt, er ergehe unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass die der Umwertung zugrunde gelegten Daten nicht der Sach- und Rechtslage entsprächen. Ergebe sich dadurch eine Rentenminderung, werde die Rente nur für die Zukunft neu festgestellt.

Im Ergebnis einer von Amts wegen vorgenommenen Überprüfung nahm die Beklagte mit Bescheid vom 31. Oktober 1996 den Bescheid vom 27. November 1991 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung für die Zukunft zurück und stellte die Rente der Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 1997 neu fest. Zur Begründung führte sie aus, bei der Umwertung der Rente im Jahr 1991 sei das Ende des Zeitraums, der anhand der maschinell verfügbaren Daten zur Ermittlung des beitragspflichtigen Durchschnittseinkommens herangezogen worden sei, auf den 31. Dezember 1944 gelegt worden, obwohl die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit am 30. Juni 1975 geendet habe. Für die Ermittlung des beitragspflichtigen Durchschnittseinkommens sei somit das Ende des Jahres 1974 maßgebend. Bei der Umwertung der Rente sei außerdem ein Zurechnungsjahr wegen Invalidität angerechnet worden, obwohl von Juli 1975 bis November 1968 tatsächlich keine Zurechnungsjahre bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres zu berücksichtigen seien. Die nun auf der Grundlage der richtigen Daten vorgenommene maschinelle Umwertung führe zu einem geringeren Zahlbetrag der Rente. Zwar lägen die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Umwertungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit nicht vor, diejenigen für die Rücknahme des Umwertungsbescheids mit Wirkung für die Zukunft seien hingegen erfüllt. In dem Umwertungsbescheid von 1991 sei die Klägerin dem in § 307 a Abs. 8 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) geregelten Überprüfungsauftrag des Gesetzgebers entsprechend ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Umwertung allein anhand der maschinell verfügbaren Daten vorgenommen worden sei und der Bescheid unter dem Vorbehalt einer Überprüfung für den Fall ergehe, dass die der Umwertung zugrunde gelegten Daten nicht der Sach- und Rechtslage entsprächen. Für diesen Fall sei damals schon eine Neufeststellung der Rente und Minderung der Rentenzahlung für die Zukunft angekündigt worden. Es habe sich dabei um einen zulässigen Vorbehalt de...

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