Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Betreiber eines Info-Mobils für den Deutschen Bundestag

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ist ein als sog. freier Mitarbeiter in der Betreuung eines Info-Mobils des Deutschen Bundestags im Rahmen dessen Öffentlichkeitsarbeit bei Veranstaltungen tätig, ist er dabei in die Arbeitsorganisation seines Auftraggebers eingegliedert und dessen Weisungen hinsichtlich Einsatzort und -zeit sowie Art seiner Tätigkeit unterworfen, hat er eigene Arbeitsmittel nicht einzusetzen, wird seine Tätigkeit nach einem pro Arbeitstag vereinbarten Entgelt vergütet und beschäftigt er keinerlei Hilfskräfte, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und des Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2014 aufgehoben, soweit es Zeiträume ab dem 19. April 2001 betrifft. Die Klage wird insoweit abgewiesen. Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) des gesamten Verfahrens. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 11. Dezember 2000 bis zum 17. Oktober 2009 bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.

Der 1972 geborene Beigeladene zu 1), der ein Architekturstudium abgebrochen hatte, war vom 1. Februar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 als Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten versicherungspflichtig beschäftigt. Erstmals am 21. Juli 2000 (Anreisetag 20. Juli 2000) übernahm er aufgrund einer Vereinbarung mit der Klägerin als “freier Mitarbeiter„ die Betreuung des Info-Mobils des Deutschen Bundestags.

Am 11. Dezember 2000 schloss er mit der Klägerin einen Rahmenvertrag, wonach er nach Maßgabe einzelner Vereinbarungen als freier Mitarbeiter die selbständige Betreuung von Veranstaltungen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bundestags übernehme. Er verpflichtete sich, eigenverantwortlich alle notwendigen Arbeiten vor Ort abzuwickeln und die Aufgaben in fachlicher Selbständigkeit ohne Bindung an Weisungen wahrzunehmen. Seine Ausführungen werde er auf sachliche Informationen ohne eigene Stellungnahme beschränken. Bei Fragen allgemeiner Art oder aktuellen Fragen von Journalisten zu parlamentarischen Themen sei grundsätzlich auf das Referat PZ 1 zu verweisen. Der Auftragnehmer könne an Ort und Stelle die notwendigen Prioritäten festlegen und Entscheidungen treffen, die dem Ziel dienlich seien. Änderungen der organisatorischen Abwicklung oder die Kosten verursachen könnten seien vorab mit dem Auftraggeber abzustimmen. Der Auftragnehmer habe in seinem Auftreten und seinem äußeren Erscheinungsbild dem Ansehen des Deutschen Bundestags Rechnung zu tragen. Ihm werde für jede Veranstaltung ein Auftrag erteilt, zu dem er unverzüglich zu erklären habe, ob er ihn annehme. Ein Anspruch auf die Erteilung von Einzelaufträgen sollte sich aus dem Rahmenvertrag nicht ergeben. Als Honorar waren zunächst 480,- DM pro Einsatztag sowie Ersatz der Fahrtkosten vorgesehen. Notwendige An- und Abreisetage sollten mit 240,- bzw. 140,- DM vergütet werden. Die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen sollten beim Auftragnehmer liegen. Nach Ende des Einsatzes war ein Bericht über die Veranstaltung zu fertigen. Durch Änderungsverträge vom 30. Januar 2002 und vom 16. Mai 2006 wurde die Höhe des Honorars sowie der zu ersetzenden Fahrtkosten angepasst. Vereinbart wurde als Honorar 250,- € für den Einsatztag sowie 125,- bzw. 75,- € für notwendige An- bzw. Abreisetage. Für einem Ersteinsatz war ein etwas geringeres Honorar vorgesehen (200,- € sowie 105,- € und 60,- € für notwendig werdende An- und Abreisetage). In der Folgezeit wurden unter Bezugnahme auf den Rahmenvertrag mehrere Einzel-Vereinbarungen über Einsätze des Beigeladenen zu 1) geschlossen, die Gegenstand, Ort und Zeit der zu übernehmenden Veranstaltung bezeichneten sowie gegebenenfalls An- und Abreisetage sowie zu übernehmende Fahrtkosten auswiesen.

Am 26. Juni 2009 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens. Er sei als Referent für Öffentlichkeitsarbeit mit der Durchführung und Organisation von Lehr- und Informationsveranstaltungen im Rahmen von Ausstellungen, eines Info-Mobils...

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