Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Pflegeversicherung. Einstweiliger Rechtsschutz. notwendiges Hilfsmittel. Deckenliftanlage. Folgenabwägung

 

Orientierungssatz

1. Eine Deckenliftanlage dient dem Behinderungsausgleich entweder iS von § 33 Abs. 1 SGB V oder von § 40 Abs. 1 SGB XI (Vergleiche BSG, Urteil vom 12. Juni 2008 - B 3 P 6/07 R).

2. Die Frage, ob eine Deckenliftanlage ein dem aus § 29 Abs. 1 SGB XI folgenden Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechendes, d.h. notwendiges Pflegehilfsmittel iSv § 40 Abs. 1 S. 1 SGB XI ist, betrifft den Versicherten unmittelbar in seiner von Art. 1 Abs. 1 GG verbürgten Menschenwürde, welcher gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 SGB XI die Leistungen der Pflegeversicherung Rechnung zu tragen haben.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Oktober 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wird, dem Antragsteller eine Deckenliftanlage, bestehend aus zwei Deckenliftgarnituren (Gurt, Motor, Körperformgurt) sowie Deckenschienen nach Aufmaß jeweils in beiden Badezimmern, an den beiden Anfangs- und Endpunkten des Treppenlifts, im Therapiezimmer, im Schlafzimmer des Antragstellers, im Essbereich und im Wohnzimmer, vorläufig zur Verfügung zu stellen.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Antrag des Antragstellers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

 

Gründe

Die zulässige, insbesondere nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und frist- und formgerecht im Sinne von § 173 SGG eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Oktober 2008 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin - mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe - der Sache nach zu Recht im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, den Antragsteller mit der von ihm begehrten Deckenliftanlage zu versorgen.

Zunächst ist das Sozialgericht für den Erlass der einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG sachlich zuständig gewesen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen durch das Gericht der Hauptsache zu treffen. Nach Satz 3 der Vorschrift ist Gericht der Hauptsache im vorstehenden Sinne das Gericht des ersten Rechtszugs und nur dann, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG - Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 37). Da vorliegend im Zeitpunkt des Eingangs des Eilrechtsschutzantrags am 25. September 2008 in der Hauptsache bereits die Revision beim Bundessozialgericht zu B 3 P 4/08 R anhängig gewesen ist, ist die sachliche Zuständigkeit für den Erlass der einstweiligen Anordnung vom während des Berufungsverfahrens zwischenzeitlich sachlich zuständig gewesenen Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg wieder auf die erste Instanz zurückgefallen.

Dem Eilrechtsschutzantrag steht die (beschränkte) Rechtskraft der im Beschluss des Senats vom 14. Januar 2008 - L 27 P 53/08 ER - enthaltenen Ablehnung des damaligen auf die vorläufige Versorgung mit einer Deckenliftanlage gerichteten Eilrechtsschutzantrags des Antragstellers nicht entgegen. Zum einen lehnte der Senat den damaligen Eilrechtsschutzantrag, ohne eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen, lediglich als unzulässig mit der Begründung ab, dass das Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung angesichts des mit dem stattgebenden erstinstanzlichen Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. August 2007 - S 11 P 71/03 - gegebenen vollstreckbaren Titels im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG fehle, zumal die Berufung gemäß § 154 Abs. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung habe. Zum anderen lag dem Beschluss vom 14. Januar 2008 eine andere Sachlage zugrunde als jetzt. Denn zur Zeit verfügt der Antragsteller hinsichtlich seines - hier im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemachten - Rechtsschutzbegehrens über keinen vollstreckbaren Titel mehr, weil der Senat die Klage mit Urteil vom 24. April 2008 - L 27 P 48/08 - hinsichtlich des Hauptantrags abgewiesen hat, wobei die hiergegen eingelegte Revision gemäß § 165 S. 1 in Verbindung mit § 154 Abs. 1 SGG ihrerseits keine aufschiebende Wirkung entfaltet.

Gerade weil der Kläger für sein Hauptbegehren derzeit über keinen vollstreckbaren Titel verfügt, ist - anders als beim vorgenannten Beschluss des Senats vom 14. Januar 2008 - zur Zeit auch das für den neuerlichen Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis gegeben.

Der Eilrechtsschutzantrag ist - mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe - begründet. Der Antragsteller hat Anordnungsgrund und -anspruch mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit gemäß §§ 86b Abs. 2 S. 1 bis 4 SGG, 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung (...

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