Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsförderungsrecht. Vermittlungsvergütung des privaten Arbeitsvermittlers. Geltungsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins. Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses

 

Orientierungssatz

1. Der aus § 45 SGB 3 abzuleitende öffentlich-rechtliche Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers steht nicht im Ermessen der Bundesagentur. Aufgrund des Verweises auf § 83 Abs 2 S 1 SGB 3 in § 45 Abs 6 S 2 SGB 3 über die Zahlung von Weiterbildungskosten wird der Arbeitsvermittler unmittelbar begünstigt.

2. Der Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers gegen die Beklagte hat nach § 45 SGB 3 - entsprechend der Vorgängerregelung in § 421g SGB 3 - zusammenfassend folgende Voraussetzungen: Erstens die Ausstellung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins; zweitens ein wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer; drittens innerhalb der Geltungsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins die erfolgreiche Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden; viertens für die Auszahlung der ersten Rate eine sechswöchige Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, vgl. BSG, Urteil vom 09.06.2017 - B 11 AL 6/16 R -, Rn 25.

3. Für den Eintritt des Vermittlungserfolges ist der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses entscheidend, mithin die tatsächliche Eingliederung in den Betrieb.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 12.12.2018; Aktenzeichen B 11 AL 66/18 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 2.000 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Klägerin, eine nach dem Recht der Arbeitsförderung zugelassene Trägerin, macht einen Anspruch auf Zahlung von Vermittlungsvergütung in Höhe von 2.000 € geltend.

Die Beklagte erteilte der Beigeladenen für die Zeit vom 11. März 2014 bis 8. Mai 2014 eine Förderzusicherung (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein - AVGS - der Agentur für Arbeit G-B vom 11. März 2014). In dem Gutschein hieß es unter “Nebenbestimmungen:„ u.a., dass die zeitliche Befristung der Zusicherung (Gültigkeitsdauer) für die Arbeitsvermittlung durch den ausgewählten Träger und die Aufnahme dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung maßgeblich sei.

Die Beigeladene schloss am 18. März 2014 mit der Klägerin einen Vermittlungsvertrag. Aufgrund des erteilten AVGS werde die von der Beigeladenen geschuldeten Vermittlungsvergütung bis zur Erstattung durch den Leistungsträger gestundet. Infolge der Vermittlung schlossen die Beigeladene und die Firma R e.V. am 28. April 2014 einen befristeten Arbeitsvertrag über eine Beschäftigung im Umfang von 30 Stunden für die Zeit vom 1. Juli 2014 bis 31. Dezember 2014.

Den Antrag der Klägerin vom 2. Oktober 2014, eine Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000 € zu zahlen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Oktober 2014 ab. Ihre Anträge vom 11. Mai 2015 auf Zahlung der zweiten Vermittlungsrate in Höhe von weiteren 1.000 € und auf Überprüfung der Ablehnung hinsichtlich der Ablehnung der Zahlung der ersten Rate lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2015 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Vermittlungsvergütung könne aufgrund der dem AVGS beigefügten Nebenbestimmung nur gezahlt werden, wenn die Arbeitsaufnahme innerhalb der Gültigkeitsdauer erfolgte.

Die nachfolgende Klage hat das Sozialgericht Berlin (SG) mit Urteil vom 21. November 2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die zulässige Klage sei unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die geltend gemachte Vermittlungsvergütung. Zwar hätten die Beigeladene und die Klägerin einen schriftlichen Vermittlungsvertrag geschlossen, und die Klägerin habe die Beigeladene in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden und einer Dauer von mehr als sechs Wochen vermittelt. Im Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme am 1. Juli 2014 sei der AVGS aber nicht mehr wirksam gewesen. Die Beklagte sei berechtigt gewesen im Rahmen der dem AVGS beigefügten Nebenbestimmung zu definieren, welche Ereignisse den Vermittlungserfolg innerhalb der zulässigerweise gesetzten Geltungsfrist begründeten. Die entsprechende Regelung im AVGS vom 11. März 2014 sei bindend und auch im Übrigen mangels Nichtigkeit wirksam.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin das Begehren weiter und macht im Wesentlichen geltend, die Beschäftigungsaufnahme innerhalb der Gültigkeitsdauer des AVGS stelle keine gesetzlich normierte Voraussetzung für die Auszahlung der Vermittlungsvergütung dar. Die Beklagte habe ihr Ermessen hinsichtlich der Nebenbestimmung fehlerhaft ausgeübt. Die Auflage der Beklagten, dass auch der Arbeitsbeginn, ande...

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