Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Familienversicherung. alleingeschäftsführender Alleingesellschafter einer UG. Gewinnerzielungsabsicht bei Vergütungsanspruch erst nach der "Gründungsphase". Gewinnausschüttung als Arbeitseinkommen. Selbstständige Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Der geschäftsführende Alleingesellschafter einer Unternehmergesellschaft handelt jedenfalls dann ab Beginn der Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht, wenn er für die Zeit nach der "Anlaufphase" der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft einen vertraglichen Vergütungsanspruch hat. Übt er die Tätigkeit 40 Stunden in der Woche aus, ist er auch in dieser "Anlaufphase" hauptberuflich selbstständig iSd § 10 Abs 1 Nr 4 SGB 5 tätig.

 

Normenkette

SGB V § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; SGB IV § 15 Abs. 1; EStG § 2 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über das Bestehen einer Familienversicherung des Klägers bei der Beklagten im Zeitraum vom 1. März 2010 bis 31. Juli 2010.

Der Kläger ist der Ehemann der Beigeladenen, die jedenfalls im Zeitraum vom 1. März 2010 bis 31. Juli 2010 Mitglied der Beklagten war.

Der Kläger errichtete mit Gesellschaftsvertrag vom 24. Februar 2010 die “n e B UG (haftungsbeschränkt)„. Er war alleiniger Gesellschafter. Durch Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages wurde der Kläger auch zum alleinigen Geschäftsführer der Gesellschaft unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches bestellt.

In dem zwischen ihm und der Gesellschaft geschlossenen Geschäftsführervertrag über eine Tätigkeit ab dem 1. März 2010 war ein monatliches Bruttogehalt zuzüglich eines Zuschusses zur Krankenversicherung in gesetzlicher Höhe sowie weitere Zusatzleistungen auf Antrag vereinbart. § 3 Abs. 2 des Vertrages lautete:

Aufgrund der Anfangsphase und der damit verbundenen dünnen Liquiditätsdecke der Gesellschaft, wird der Geschäftsführer vorerst innerhalb der ersten fünf Monate ohne ein Gehalt für die Gesellschaft tätig. Sollte sich die wirtschaftliche Situation auch nach diesen fünf Monaten nicht merklich verbessert haben, so dass auch danach das oben vereinbarte Gehalt nicht gezahlt werden kann, so verpflichten sich die Parteien eine abweichende Regelung zu treffen.

Die Gesellschaft wurde am 2. März 2010 in das Handelsregister bei dem Amtsgericht F unter der Registernummer HRB eingetragen. Am selben Tag erfolgte die Gewerbeanmeldung.

Unter dem 16. August 2010 übersandte die Beigeladene der Beklagten einen Antrag für die Familienversicherung des Klägers für den Zeitraum vom 1. März 2010 bis zum 31. Juli 2010. In dem entsprechenden Antragsformular gaben sie und der Kläger an, das letzterer nicht anderweitig selbst versichert sei. Bis zum 28. Februar 2010 wurde eine Versicherung bei der Barmer angegeben.

Auf Nachfrage gab der Kläger in einer weiteren Formularerklärung an, dass er zeitlich für das Gewerbe/die selbstständige Erwerbstätigkeit wöchentlich 40 Stunden einschließlich der Vor- und Nacharbeit aufwende. Seit dem 1. Juli 2010 beschäftige er 4 nicht geringfügige Arbeitnehmer. Das zu versteuernde Arbeitseinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit habe bis zum 31. Juli 0,00 Euro betragen. Ferner legte er der Beklagten die Gewerbeanmeldung sowie den Geschäftsführervertrag (bis § 7) vor.

Mit Schreiben vom 6. September 2010 teilte die Beklagte dem Kläger und der Beigeladenen mit, dass eine Familienversicherung für den begehrten Zeitraum für den Kläger nicht möglich sei. Der Grund hierfür sei, dass der Kläger hauptberuflich selbstständig tätig sei.

Am 17. September 2010 gingen bei der Beklagten Widerspruchsschreiben hiergegen sowohl des Klägers als auch der Beigeladenen ein. Unterzeichnet war allein das Widerspruchsschreibens des Klägers.

Mit Schreiben vom 22. September 2010 erläuterte die Beklagte dem Kläger ihre Auffassung und legte dar, dass Kriterien für eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit z. B. die Anzeige/Genehmigung des Gewerbes, der zeitliche Umfang der selbstständigen Tätigkeit von mindestens 18 Stunden wöchentlich, die freie Bestimmung von Art, Ort, Zeit und Weise der Tätigkeit, das eigene Unternehmerrisiko und die Beschäftigung von Arbeitnehmern sei.

Der Kläger hielt an seinem Widerspruch fest und verwies darauf, dass laut Gesellschafterbeschluss keinerlei Vergütungsanspruch bestanden habe. Er warf die Frage auf, woher dann die eigene Vorsorge kommen solle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2010, der an den Kläger gerichtet war, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf den Ausschlusstatbestand im § 10 Abs. 1 Nr. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach sei eine Familienversicherung für Angehörige ausgeschlossen, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig seien. Unter Darlegung der Rechtsauffassung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger, wonach von einer hauptberuflichen Erwerbstätigke...

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