Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Ruhen des Anspruches wegen Urlaubsabgeltung. keine Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit. kein Krankengeldanspruch. prognostische Betrachtung. Sicherungslücke. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einem Arbeitslosen steht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld zu, wenn er während des Ruhenszeitraums nach § 143 Abs 2 SGB 3 in der ab 1.1.1998 geltenden Fassung arbeitsunfähig erkrankt (Anschluss an BSG Urteil vom 7.2.2002 - B 7 AL 28/01 R).

2. Dem Arbeitslosen, dessen Arbeitslosengeldanspruch bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach § 143 Abs 2 SGB 3 in der ab 1.1.1998 geltenden Fassung ruht, steht kein Krankengeldanspruch nach §§ 44 Abs 1, 5 Abs 1 Nr 2 SGB 5 oder § 19 Abs 2 SGB 5 zu, wenn eine Prognose ergibt, dass er mehr als einen Monat ab Ende des Beschäftigungsverhältnisses arbeitsunfähig sein wird (Anschluss an BSG Urteil vom 10.5.2012 - B 1 KR 19/11 R).

3. Die daraus entstehende Lücke in den Versicherungsleistungen ist nicht verfassungswidrig und kann mangels planwidriger Lücke durch eine Analogie weder im Recht der Arbeitslosenversicherung noch im Recht der Krankenversicherung geschlossen werden.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Arbeitslosengeld oder Krankengeld für die Zeit vom 26.04.2010 bis 11.06.2010.

Der 1963 geborene Kläger meldete sich am 31.08.2009 zum 01.11.2009 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 30.10.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 01.11.2009 in Höhe von 29,62 € täglich für 360 Tage.

Zum 04.01.2010 nahm der Kläger eine Vollzeittätigkeit bei der N. A. D. (im Folgenden: N.) auf, die zuletzt bis 17.04.2010 befristet wurde. Die Beklagte stellte die Zahlung von Arbeitslosengeld mit dem 03.01.2010 ein. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses standen dem Kläger noch sechs Tage Urlaub zu, die er nicht genommen hatte. Dafür wurde ihm ein finanzieller Ausgleich geleistet. Bei Zuerkennung des Urlaubs hätte das Arbeitsverhältnis bis 26.04.2010 gedauert (Arbeitsbescheinigung der N. vom 25.05.2010).

Am 17.03.2010 meldete der Kläger sich erneut zum 01.04.2010 arbeitslos und änderte die Meldung später nach Verlängerung des befristeten Vertrags mit N. auf den 18.04.2010. In der Zeit vom 19.04.2010 bis 11.06.2010 war der Kläger aufgrund eines operationsbedürftigen Leistenbruchs arbeitsunfähig erkrankt und war zeitweise in stationärer Behandlung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. S. bzw. Dr. P. vom 19., 23., 29.04. und 17.05. sowie 31.05.2010).

Mit Bescheid vom 31.05.2010 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 18.04.2010 mit der Begründung ab, der Arbeitgeber habe dem Kläger für den nicht genommenen Urlaub einen finanziellen Ausgleich geleistet. Wenn er seinen Urlaub genommen hätte, hätte das Arbeitsverhältnis bis einschließlich 26.04.2010 gedauert. Bis dahin ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ab 19.04.2010 bestehe auch deshalb kein Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil der Kläger arbeitsunfähig erkrankt sei.

Dagegen erhob der Kläger am 07.06.2010 Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte, er habe seinen Urlaub nicht nehmen können, weil beim Urlaub die unmittelbaren Mitarbeiter der Entleihfirma bevorzugt worden seien, so dass sein Urlaub als Leiharbeiter nicht genehmigt worden sei. Er könne deshalb nicht schlechter gestellt werden als wenn er den Urlaub genommen hätte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Zum 12.06.2010 meldete der Kläger sich erneut arbeitslos. Mit Bescheid vom 16.06.2010 bewilligte die Beklagten ihm erneut Arbeitslosengeld ab 12.06.2010 in unveränderter Höhe für die Dauer von 297 Tagen. Vom 21.10.2010 bis 11.11.2010 absolvierte der Kläger eine ambulante medizinische Rehabilitation und erhielt Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung B.-W., im Anschluss war er arbeitslos und erhielt Arbeitslosengeld von der Beklagten.

Am 12.07.2010 beantragte der Kläger die Bewilligung von Krankengeld bei der beigeladenen AOK. Mit Bescheid vom 20.07.2010 lehnte die Beigeladene die Bewilligung von Krankengeld mit der Begründung ab, dass der Kläger bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 19.04.2010 nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei, denn sein Anspruch auf Arbeitslosengeld habe geruht. Vielmehr sei eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) eingetreten, die nach § 44 Abs. 2 SGB V keinen Anspruch auf Krankengeld nach sich ziehe. Der dagegen gerichtete Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid der Beigeladenen vom 06.09.2010). Der dagegen am 13.09.2010 beim Sozialgericht Stuttgart angestrengte Rechtstreit (S 8 KR 5743/10) ruht (Beschluss vom 29.11.2010).

Am 12.07.2010 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), z...

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