Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Arbeitslosengeldes. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Dauer. besondere Härte. Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell. wichtiger Grund. beabsichtigter nahtloser Übergang in die Altersrente. Prognose. maßgeblicher Zeitpunkt. geänderte Rentenpläne wegen nachträglicher Änderung der Rechtslage. abschlagsfreie Altersrente für langjährig Versicherte ab Vollendung des 63. Lebensjahres. Fortwirken des wichtigen Grundes

 

Leitsatz (amtlich)

Maßgebende Tatsache für die Prüfung einer besonderen Härte bei Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen kann auch die vom Gesetzgeber geschaffene Regelung zur abschlagsfreien Rente für langjährig Versicherte sein, die entgegen früheren Rentennovellen keine Übergangsregelung für Personen mit Altersteilzeitvereinbarung enthält, wenn diese Neuregelung den Versicherten von seiner ursprünglichen Absicht, nach der Altersteilzeit direkt Altersrente mit Abschlägen zu beziehen, hat Abstand nehmen lassen. In die Prüfung sind die individuellen Umstände der gebotenen Einzelfallprüfung einzustellen. Wird infolge der genannten Gesetzeslage an der ursprünglichen Absicht, unmittelbar nach Ende des Altersteilarbeitsverhältnisses in Rente zu gehen, nicht mehr festgehalten, entfällt ein gegebenenfalls vorher für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses bestehender wichtiger Grund (so auch LSG Mainz vom 9.6.2016 - L 1 AL 48/15).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.09.2017; Aktenzeichen B 11 AL 25/16 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 07.04.2016 und die Bescheide der Beklagten vom 19.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2015 insoweit abgeändert, als nur eine Sperrzeit von 6 Wochen ab 01.12.2015 festgestellt wird. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auch Arbeitslosengeld ab 12.01.2016 bis 22.02.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.12.2015 bis 22.02.2016, den die Beklagte aufgrund des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe abgelehnt hat, streitig.

Die 1953 geborene Klägerin war seit 1982 als Bürofachkraft bei der Stadt H. beschäftigt. Durch Änderungsvertrag vom 28.11.2006 wurde auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23.07.1996 und des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 der Arbeitsvertrag vom 05.04.1982 zwischen der Stadt H. und der Klägerin ab 01.12.2009 in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis umgewandelt. Danach war die Arbeitszeit im Blockmodell zu leisten mit einer Arbeitsphase vom 01.12.2009 bis 30.11.2012 und einer Freizeitphase vom 01.12.2012 bis 30.11.2015. Das Ende des Arbeitsverhältnisses wurde unbeschadet des § 9 Abs. 2 TV ATZ für den 30.11.2015 vereinbart.

Ab 01.09.2011 war die Klägerin ehrenamtlich gegen eine Dienstaufwandsentschädigung als Kirchenpflegerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von etwa 10 Stunden tätig.

Zum 01.07.2014 trat das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) in Kraft, mit dem für vor 1953 geborene besonders langjährig Versicherte die Möglichkeit, frühestens ab Vollendung des 63. Lebensjahres abschlagsfrei Altersrente zu beziehen, geschaffen wurde. 1953 geborenen Versicherten wurde eine abschlagsfreie Altersrente ab einem Alter von 63 Jahren und 2 Monaten ermöglicht.

Am 18.08.2015 meldete sich die Klägerin persönlich arbeitssuchend und am 15.09.2015 mit Wirkung zum 01.12.2015 arbeitslos, wobei sie einen Rentenbeginn ab 01.03.2016 mitteilte. Sie legte die Rentenauskunft vom 10.11.2015 vor, worin unter anderem die Möglichkeiten der Inanspruchnahme einer Altersrente für langjährig Versicherte mit Rentenabschlag ab 01.01.2015, ohne Rentenabschlag ab 01.01.2018 und die Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 01.03.2016 aufgeführt sind.

Mit Bescheid vom 19.11.2015 teilte die Beklagte der Klägerin - ohne vorherige Anhörung - den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.12.2015 bis 22.02.2016, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld um 180 Tage mindere, mit. Sie habe ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Stadt H. durch eigene Kündigung selbst gelöst, wobei sie habe voraussehen müssen, dass sie dadurch arbeitslos würde. Einen wichtigen Grund für ihr Verhalten habe sie nicht mitgeteilt. Mit Bewilligungsbescheid vom 19.11.2015 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab 23.02.2016 bis auf weiteres mit einem Leistungsbetrag von 21,36 EUR, für die Zeit vom 01.12.2015 bis 22.02.2016 setzte sie den Leistungsbetrag auf 0 EUR wegen des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen bei Arbeitsaufgabe fest.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin unter dem 08.12.2015 unter Berufung auf ein Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.07.2015 - S 5 AL 3838/14 - Widerspruch ein. Sie habe beabsicht...

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