Entscheidungsstichwort (Thema)

Schutzservietten. Hilfsmittel. allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens

 

Leitsatz (amtlich)

Einmal verwendbare Schutzservietten sind als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens weder Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 SGB 5 noch zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel iS des § 40 Abs 1 S 1 und Abs 2 SGB 11.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.11.2007; Aktenzeichen B 3 P 9/06 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die teilweise Kostenerstattung für vom 31. Oktober 2003 bis 19. Juni 2006 gekaufte Schutzservietten als zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel im Sinne des § 40 Abs. 1 und 2 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) und die teilweise Kostenübernahme für entsprechende Schutzservietten in der Zukunft.

Der am 1986 geborene Kläger ist über seinen Pflegevater, der als Sonderschullehrer beihilfeberechtigt und zum Betreuer des Klägers bestellt worden ist, bei der Beklagten mit einem Satz von 50 vom Hundert (v.H.) familienpflegeversichert. Bei ihm besteht ein schweres Residualsyndrom nach frühkindlicher Hirnschädigung mit beinbetonter Tetraspastik und hirnorganischem Psychosyndrom mit geistiger Behinderung. Nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt; die Merkzeichen G, H, aG und RF sind anerkannt. Der Kläger bezog zunächst seit 01. Januar 1991 von der Barmer Ersatzkasse Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V). Seit 01. April 1995 gewährte ihm die Beklagte Pflegegeld nach Pflegestufe III im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB XI. Seit 01. September 2002 gewährt ihm die Beklagte häusliche Pflegehilfe als Sachleistung ebenfalls nach Pflegstufe III. Seit 01. Dezember 2003 erhält er auch Leistungen bei erheblichem Bedarf an allgemeiner Betreuung und Beaufsichtigung (vgl. Bescheid vom 07. Januar 2004). Der Kläger besucht jeweils von Montag bis Freitag in der Zeit von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr die Schule für Körperbehinderte in E.-W., wohin er täglich gefahren wird.

Mit Schreiben vom 22. September 2004 reichte sein Pflegevater für den Kläger bei der Beklagten fünf Belege (vom 31. Oktober 2003, 16. Februar, 27. April, 03. Juli und 21. September 2004) über je € 45,00 (pro 100 Stück), insgesamt € 225,00, für bei der M. C. GmbH, Orthopädie-Technik Sanitätshaus, in L. erworbene “Schutzservietten einmal (Essplatz)„ ein; er begehrte die Erstattung dieser Kosten, da die Schutzservietten für die Pflege des Klägers benötigt würden. Mit Bescheid vom 28. September 2004 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung ab. Im Pflegehilfsmittel-Verzeichnis nach § 78 SGB XI seien die zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmittel aufgelistet. Hierbei handle es sich um saugende Bettschutzeinlagen zum Einmalgebrauch, Fingerlinge, Einmalhandschuhe, Mundschutz, Schutzschürzen und Desinfektionsmittel. Dieses Verzeichnis sei vollständig. Alle darin nicht aufgelisteten Hilfsmittel seien von der Kostenübernahme durch die Pflegekasse ausgeschlossen. Feuchte Tücher und Schutzservietten fielen unter die Rubrik “Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens„ und nicht in die Leistungspflicht der Pflegekassen, auch wenn sie pflegeerleichternd wirkten. Die im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführten Schutzschürzen dienten als Schutz der Pflegeperson und nicht des zu Pflegenden. Die entsprechende Produktgruppe könne nicht auf den Pflegebedürftigen ausgeweitet werden. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, als Pflegebedürftiger habe er nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI i.V.m. der Nr. 3.5.2 des Pflegehilfsmittel-Verzeichnisses Anspruch auf Ersatz der Auslagen für die Schutzservietten im Rahmen des § 40 Abs. 2 SGB XI. Die benötigten Schutzservietten, die um den Hals gebunden würden, seien ein klassisches Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Vorgabe, zumal deren Gebrauch unter Berücksichtigung des ständigen Speichelflusses des Pflegebedürftigen verhindere, dass die Kleidung ständig verschmutzt werde. Die Verwendung dieser Schutzservietten stelle auch sicher, dass der Aufwand für das Waschen und Aufbereiten der persönlichen Wäsche des Pflegebedürftigen nicht ansteige. Auch werde darauf hingewiesen, dass beispielsweise das unter der Produktgruppe 54.450.1. genannte Pflegehilfsmittel der “saugenden Bettschutzeinlage„ dazu diene, die Bettwäsche und die Matratzen zu schonen. Damit vergleichbar bezweckten hier die Servietten den Schutz der persönlichen Kleidung. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten eingesetzten Widerspruchsausschusses II vom 20. Januar 2005).

Deswegen erhob der Kläger am 25. Januar 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Freiburg, mit der er begehrte, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids...

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