Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Pflegefachkraft. Auftragsverhältnis. Dienstleistungsvertrag. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 12 R 7/18 R

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Sozialversicherungspflicht einer Pflegefachkraft, die im Rahmen eines Auftragsverhältnisses, auf der Basis eines Dienstleistungsvertrags, Pflegeleistungen in einer stationären Pflegeeinrichtung erbringt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.06.2019; Aktenzeichen B 12 R 7/18 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 22.12.2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 5000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist der sozialversicherungsrechtliche Status der Beigeladenen bei ihren Einsätzen bei der Klägerin vom 15. bis 17.06.2013 und vom 03. bis 06.07.2013 (streitiger Zeitraum).

Die als gemeinnützige GmbH organisierte Klägerin ist eine zur Versorgung Pflegebedürftiger nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zugelassene Pflegeeinrichtung und stellte im Jahr 2013 ganzjährig 125 Plätze für die vollstationäre Pflege zur Verfügung. Sie schließt mit den jeweiligen Bewohnern einen Wohn- und Betreuungsvertrag. Die Einrichtung war im streitigen Zeitraum in zwei Wohnbereiche aufgeteilt, wobei im Wohnbereich 1 mit einer Sollbettenzahl von 46 vornehmlich Bewohner mit demenziellen Erkrankungen versorgt wurden. Wohnbereich 2 mit einer Sollbettenzahl von 68 erstreckte sich über zwei Etagen. Die durchschnittliche Belegung betrug im Jahr 2013 ca. 75 v.H.. Der Personalbedarf lag nach den Berechnungen der Klägerin im Jahr 2013 im Durchschnitt bei 30,62 Vollbeschäftigungseinheiten (VBE), wobei das tatsächlich vorhandene Personal diesen Bedarf leicht überschritt. Zur Personaldeckung bediente sich die Klägerin auch des Einsatzes von Leiharbeitnehmern und sog. Honorarkräften, weil im damaligen Zeitraum keine (weiteren) Fachkräfte zur Festanstellung zu finden waren. Von den pro Schicht auf allen Wohnbereichen eingesetzten Pflegefachkräften waren im streitigen Zeitraum ca. 55% Honorarkräfte. Die festangestellten Mitarbeiter trugen einheitliche, von der Klägerin gestellte Dienstkleidung mit einem Logo der Unternehmensgruppe, die von einem externen Wäschedienstleiter gestellt und gewaschen wurde. Im Jahr 2013 betrugen die von der Klägerin einer angestellten examinierten Fachkraft gezahlten Stundenlöhne zwischen 13,27 € und 15,58 €. Zuschläge wurden für Nachtdienst (2,00 €), Sonntagsarbeit (3,00 €) und Feiertage (4,00 €) gewährt. Organisatorisch führte die Klägerin einen Dienstplan mit Schichtzeiten, der für das Jahr 2013 wegen des damals vermehrten Einsatzes von Honorarkräften auch eine Auswahl an Einsatzzeiten vorsah, die ausschließlich für Honorarkräfte vorgesehen waren und den häufigen Wunsch dieser Kräfte für einen Einsatz von mindestens zehn Stunden berücksichtigte. Für jeden einzelnen Bewohner erstellte die Klägerin durch ihre angestellten Fachkräfte einen individuellen Plan über die Pflege- und Behandlungspflegeleistungen und sie führte eine entsprechende, von der jeweiligen Pflegekraft auszufüllende Dokumentation. Zur Überwachung einer ordnungsgemäßen Pflege und Behandlung war eine verantwortliche Pflegefachkraft eingesetzt, die für die Sicherstellung der Pflegequalität verantwortlich war und die verpflichtet war, sich von der Qualität der Pflege durch Visiten, Qualitätschecks, Rundgänge und Einblick in die Pflegedokumentation zu überzeugen.

Die 1984 geborene Beigeladene schloss eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Altenpflegerin ab. Darüber hinaus absolvierte sie eine Weiterbildung zur Fachwirtin im Sozialwesen. Weitere Fortbildungen schloss sie erfolgreich zur Beatmungsfachkraft und zur innerklinischen und außerklinischen Fachkraft für Beatmung und Intensivpflege ab. Zunächst war sie nach ihrer Ausbildung als festangestellte Pflegekraft in verschiedenen Pflegeeinrichtungen tätig. In einer Pflegeeinrichtung lernte sie eine freiberuflich tätige Pflegekraft kennen. Um ihre Arbeitszeit frei bestimmen zu können und sich finanziell zu verbessern, entschloss sie sich, ab 2013 freiberuflich tätig zu sein. Insoweit kaufte sie nach ihren Angaben ein Auto im Wert von 6.000,00 € bis 7.000,00 €, da sie beabsichtigte, im gesamten Bundesgebiet ihre Tätigkeit anzubieten. Weiter erwarb sie Arbeitskleidung in Höhe von 250,00 € und Materialien im Wert von 200,00 € (Handschuhe, Desinfektionsmittel und Mundschutz). Außerdem schaffte sie eine Büroausstattung im Wert von ca. 500,00 € und eine Buchhaltungssoftware im Wert von ebenfalls 500,00 € an. Um ihre eigene Berufstätigkeit zu ermöglichen, stellte sie darüber hinaus ein Kindermädchen an. Weiter schloss sie eine freiwillige Krankenversicherung bei der A., eine Haftpflichtversicherung als selbstständige A...

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