Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegeversicherung der Rentner. Entfallen der Versicherungspflicht mit Bewilligung einer Rente durch spanischen Rentenversicherungsträger. freiwillige Weiterversicherung auch bei Wohnsitzverlegung nach Spanien bereits vor Rentenbewilligung. Voraussetzungen und Anwendung des § 26 Abs 2 SGB 11. europarechtliche Bestimmungen stehen nicht entgegen

 

Leitsatz (amtlich)

Entfällt mit der Bewilligung einer Rente durch den spanischen Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner und damit auch in der Pflegeversicherung der Rentner, liegen die Voraussetzungen für eine freiwillige Weiterversicherung nach § 26 Abs 2 SGB XI vor, auch wenn der/die Versicherte seinen/ihren Wohnsitz bereits vor Bewilligung der Rente durch den spanischen Rentenversicherungsträger nach Spanien verlegt hatte.

 

Orientierungssatz

Der Anwendung von § 26 Abs 2 SGB 11 stehen keine europarechtlichen Bestimmungen entgegen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. August 2016 und der Bescheid der Beklagten vom 29. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. August 2015 abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Klägerin ab dem 17. März 2015 bei der Beklagten nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB XI freiwillig weiterversichert ist. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin über den 16. März 2015 hinaus bei der Beklagten in der sozialen Pflegeversicherung der Rentner (PVdR) pflichtversichert, hilfsweise in der sozialen Pflegeversicherung freiwillig weiterversichert ist.

Die am 1949 geborene Klägerin, spanische Staatsangehörige, war von 1968 bis 31. Juli 2010 in der Bundesrepublik Deutschland als abhängig Beschäftigte Pflichtmitglied der gesetzlichen Krankenversicherung und seit 1995 auch Pflichtmitglied der sozialen Pflegeversicherung. Bis 18. Januar 2011 war sie als Bezieherin von Arbeitslosengeld pflichtversichert in der Kranken- und Pflegeversicherung. Bereits am 14. Juli 2010 verlegte sie ihren Wohnsitz von Deutschland nach Spanien. Sie bezieht seit 1. Februar 2011 eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland. Seither war sie bei der Beklagten als Mitglied der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versicherungspflichtiges Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung. Mit Bescheid vom 25. März 2015 bewilligte der spanische Rentenversicherungsträger der Klägerin eine Rente ab dem 18. März 2015. Seither ist sie Mitglied in der spanischen Krankenversicherung der Rentner.

Am 20. April 2015 ging bei der DRV Rheinland (bei der Beklagten am 27. April 2015) das Schreiben der Klägerin vom 13. April 2015 ein (abgesandt laut Einlieferungsbeleg am 14. April 2015), mit dem sie die Fortführung der Mitgliedschaft in der deutschen sozialen Pflegeversicherung - sei es als Pflichtmitglied, sei es als freiwilliges Mitglied - beantragt. Zur Begründung gab sie an, im spanischen Sozialrecht bestehe keine Pflegeversicherung. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 30. Juni 2011 (C-388/09) sei anzuwenden.

Mit Bescheid vom 29. April 2015 stellte die Beklagte fest, dass die Kranken- und Pflegeversicherung am 16. März 2015 geendet habe, weil die Klägerin seither einen Leistungsanspruch bei Krankheit nach spanischem Recht habe.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 7. Mai 2015, eingegangen bei der Beklagten am 12. Mai 2015, Widerspruch ein. Die Beklagte erläuterte daraufhin im Schreiben vom 26. Mai 2015, warum ihrer Auffassung nach eine Weiterversicherung in der deutschen sozialen Pflegeversicherung nicht möglich ist.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2015 wies der Widerspruchsausschuss der Kranken- und Pflegekasse der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung gab sie an, die Klägerin sei in der Krankenversicherung nach spanischen Rechtsvorschriften vorrangig versichert. Da das Pflegerisiko im Sinne der VO (EG) Nr. 883/04 zum Risiko “Krankheit„ zähle, gelte auch für die Absicherung dieses Risikos spanisches Recht. Für eine Pflegeversicherung in Deutschland bleibe somit rechtlich kein Raum. Eine freiwillige Weiterversicherung komme nicht in Betracht, weil nach Art. 23 VO (EG) Nr. 883/04 die Rechtsvorschriften des Wohnstaates gälten. Außerdem gebe es auch in Spanien eine Pflegeversicherung. Insofern bestehe für die Klägerin kein Rechtsschutzbedürfnis.

Am 31. August 2015 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, zwar habe infolge der Bestimmungen der Art. 23 und 24 der VO (EG) Nr. 883/04 die spanische Krankenversicherung gegenüber der KVdR vorrangig die Sachleistungen zu übernehmen. Die Klägerin verliere entgegen der Auffassung der Beklagten dadurch aber nicht ihre Mitgliedschaft in der KVdR. Eine entsprechende Regelung sehe das Europarecht nicht vor. Ein solch...

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