Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. LKW-Fahrer. keine Nutzung eines eigenen Betriebsmittels (LKW). Abgrenzung. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Wer sich als LKW-Fahrer "vermietet" ohne über einen eigenen LKW zu verfügen, ist abhängig beschäftigt.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Mai 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren L 4 KR 4098/06 wird auf € 5.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 01. September 2000 bis 09. Mai 2002 seine Tätigkeit für den Kläger, der eine Speditionsfirma betreibt, in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis oder als Selbstständiger ausübte.

Der 1960 geborene Beigeladene zu 1) betrieb bis zum 30. Juni 2002 ein Gewerbe zur “Durchführung von gewerblichem Güterkraftverkehr und Fahrergestellung„ und vermietete sich an verschiedene Auftraggeber als LKW-Fahrer. Zur Auftragserfüllung benutze er in der Zeit vom 13. Juni 1998 bis 31. Juli 2000 einen von ihm geleasten V.-Truck. Grundlage hierfür war ein Mietkaufvertrag zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der V. Truck L. GmbH vom 12./16. Juni 1998 (Fahrzeugkaufpreis netto: DM 158.500,00; Anzahlung: DM 25.000,00; monatliche Rate: DM 3.225,00 - vgl. Dauermietrechnung vom 16. Juni 1998, Bl. 165 der Verwaltungsakte). Des Weiteren schloss er am 12. Juni 1998 mit der H.-Nutzfahrzeuge GmbH und der V. Truck L. GmbH einen Service-Vertrag mit einer Laufzeit von 48 Monaten und einer monatlichen Rate von insgesamt DM 229,68 (Bl. 169 der Verwaltungsakte). Sämtliche Verträge unterzeichnete der Beigeladene zu 1) unter der Firma “W. Transporte, P. W., O., D.-str.„. Bei der Beklagten meldete er den Einsatz zweier kurzfristig Beschäftigter vom 29. Mai bis 01. Juni 2001 (Beschäftigter S. D.) und vom 04. bis 13. Juni 2001 (Beschäftigter W. R.). Wegen Insolvenz meldete er am 20. Juni 2002 gegenüber der Stadt G. das Gewerbe zum 30. Juni 2002 (Datum der Betriebsaufgabe) ab. Seit dem 10. Mai 2002 steht er nach seinen Angaben in einem “festen Arbeitsverhältnis„.

Der Beigeladene zu 1) beantragte im November 2000 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, der Rechtvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte), die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Er gab an (Fragebogen vom 17. November 2000 und Schreiben des Steuerberaters M. vom 15. November 2000), eine Tätigkeit als Kraftfahrer auszuüben. Er bemühe sich mit Werbemaßnahmen selbstständig um Aufträge und stelle einen Tourenplan selbst zusammen. Durch die Vielzahl der Auftraggeber komme es häufig vor, dass er in einer Woche für mehrere Auftraggeber fahre. Es sei selten, dass er mehrere Tage für einen Auftraggeber fahre. Er fahre allerdings nicht mit einem eigenen LKW, sondern mit dem LKW seines Auftraggebers. Da die Nachfrage zunehme, beabsichtige er, Aushilfsfahrer zu beschäftigen; auch für die Büroarbeit wolle er in Zukunft eine weitere Aushilfskraft einstellen. Er sei in der Entscheidung frei, welche Aufträge er annehme und welche er nicht ausführen könne und unterstehe keiner Weisungspflicht durch den Auftraggeber. Die Kalkulation und Buchhaltung werde von ihm selbst durchgeführt. Er gehe deshalb davon aus, dass er selbstständiger Unternehmer sei. Ansonsten müsse er durch seine Auftraggeber sozialversicherungsrechtlich täglich angemeldet und nach Beendigung des Auftrags wieder abgemeldet werden. Dies würde zu einem untragbaren Zustand führen, da er hierdurch keine Aufträge mehr erhalte. Im Übrigen verneinte er die Fragen, ob er regelmäßige Arbeits- oder Abwesenheitszeiten einzuhalten habe, ob ihm Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) seiner Tätigkeit erteilt würden, ob sein Auftraggeber sein Einsatzgebiet auch ohne seine Zustimmung verändern könne und ob die Einstellung von Vertretern bzw. Hilfskräften durch ihn von der Zustimmung seines Auftraggebers abhängig sei. Die Frage, ob er mindestens einen Arbeitnehmer oder Auszubildenden mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von mehr als DM 630,00 beschäftigte, ließ der Beigeladene zu 1) offen. Seinem Antrag legte er eine “Werbeanzeige„ bei, die in der Mittelbadischen Presse am 21. Oktober 2000 veröffentlich wurde (vgl. Rechnung vom 26. Oktober 2000, Bl. 5 der Verwaltungsakte) und folgenden Inhalt hatte: “Aushilfsfahrer Kl. 2 für nationaler u. internationaler Fernverkehr (z. Teil auch Wochenende, Urlaubs- u. Krankheitsvertretung) ab sofort. Telefon [...]„. Des Weiteren legte er ein “Angebot für Fahrervermietung„ der “Walter Transporte„ vom 04. Oktober 2000 vor, mit dem er die Durchführung von Transporten als “Fahrer mit mehrjähriger Fahrpraxis im nationalen und internationalen Fernverkehr„ zu einem Stundenpreis von DM 25,00 (Fahrten bis zehn Stunden) bzw. zu einer Pauschale von DM 250,00 ...

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