Entscheidungsstichwort (Thema)

Rehabilitation. Kostenerstattung einer selbstbeschafften medizinischen Rehabilitation. Vertragsklinik. Ermessensausübung. Wahlrecht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Wahlrecht des Versicherten besteht grundsätzlich nur zwischen Einrichtungen, mit denen der Rentenversicherungsträger einen Vertrag abgeschlossen hat (vgl LSG München vom 22.7.2010 - L 14 R 382/09 und LSG Mainz vom 12.1.2004 - L 2 RJ 160/03 = NZS 2004, 653).

2. Die Regelung in § 20 Abs 2a SGB 9 findet auf medizinische Rehabilitationsleistungen durch den Rentenversicherungsträger keine Anwendung.

3. Eine sog Selbstbindung der Verwaltung zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung setzt voraus, dass es ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften gibt (vgl BSG vom 6.5.2008 B 7/7a AL 16/07 R = SozR 4-4300 § 217 Nr 2).

 

Orientierungssatz

1. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 SGB 9 für eine selbstbeschaffte medizinische Rehabilitationsleistung kann nicht geltend gemacht werden, wenn die Leistung vor der eigentlichen Entscheidung des Rehabilitationsträgers beschafft wurde (vgl BSG vom 21.8.2008 - B 13 R 33/07 R = BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7).

2. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 SGB 9 für eine selbstbeschaffte medizinische Rehabilitation setzt einen wirksamen Vergütungsanspruch der Rehabilitationseinrichtung gegen den Versicherten voraus (vgl BSG vom 18.7.2006 - B 1 KR 9/05 R).

 

Normenkette

SGB VI § 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nrn. 1-2, § 15 Abs. 2 S. 1; SGB IX § 15 Abs. 1 S. 4, § 20 Abs. 2a S. 1, § 21; SGB V § 13 Abs. 3 S. 1, § 40 Abs. 2 S. 1; BGB § 812 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; SGG § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 02.11.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger beansprucht die Erstattung von Kosten für eine in der M. S..-Klink Bad B. durchgeführte medizinische Rehabilitation.

Der 1966 geborene Kläger ist als angestellter Erzieher versicherungspflichtig beschäftigt. Er befand sich vom 20.05.2010 bis zum 29.05.2010 wegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule in stationärer Krankenbehandlung in der M. S..-Klinik Bad B.. Diese Klinik verfügt über ein Krankenhaus iSd § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie über eine Rehabilitationseinrichtung iSd § 111 SGB V. Träger der Einrichtung ist eine GmbH & Co KG (Handelsregister A des Amtsgerichts Freiburg Nr.: H...), deren persönlich haftender Gesellschafter die M. Geschäftsführungs-GmbH mit Sitz in Offenburg ist; einziger Kommanditist ist die M. Aktiengesellschaft mit Sitz in F.. Die Beklagte hat mit dem Träger der M. S..-Klinik keinen Belegungsvertrag geschlossen.

Am 31.05.2010 ging bei der Beklagten über die M. S..-Klink ein Antrag des Klägers auf Anschlussrehabilitation (AHB) ein. Diesem Antrag gab die Beklagte mit einem “Bescheid im Eilverfahren„ vom 08.06.2010 insofern statt, als sie dem Kläger eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von drei Wochen in der Schwarzwaldklinik in Bad K. bewilligte. In dem Bescheid führte sie aus, dem Wunsch des Klägers, die Leistungen in der von ihm gewünschten Einrichtung durchzuführen, könne sie nicht entsprechen. Die Entscheidung über die Art und Weise der Durchführung der Rehabilitation stehe in ihrem Ermessen. Sie habe bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung sicherzustellen, dass das Ziel der Rentenversicherung, die wesentliche Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, erreicht werden kann. Die vom Kläger gewünschte Einrichtung könnte nur dann ausgewählt werden, wenn die Rehabilitationsleistung einzig in dieser Einrichtung erfolgreich durchgeführt werden könnte und jede andere Einrichtung, die von ihr betrieben werde oder mit der ein Belegungsvertrag bestehe, ungeeignet sei. Zur Behandlung der beim Kläger vorliegenden Funktionsstörungen stünden der Beklagten mehrere geeignete Einrichtungen zur Verfügung.

Der Kläger führte die Rehabilitation in der Zeit vom 07.06. bis zum 26.06.2010 auf eigene Kosten in der M. S..-Klinik durch.

Am 30.06.2010 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid ein. Er berief sich auf sein Patientenwunsch- und Wahlrecht und machte geltend, die Ärzte und Therapeuten der Klinik seien ihm aus der vorangegangenen stationären Behandlung bekannt. Er sei hier sehr gut betreut und behandelt worden und wisse, dass die Rehabilitation zu der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit am schnellsten in der S.-Klink zu gewährleisten sei. Die Beklagte wertete den Widerspruch des Klägers auch als Antrag, die Kosten der selbstbeschafften Rehabilitationsbehandlung in der M. S.-Klinik zu übernehmen. Diesen Antrag lehnte sie mit Bescheid vom 19.08.2010 ab. Gleichzeitig hob sie den Bescheid vom 08.06.2010 auf. Der Kläger habe die Leistung in der M. S.-Klinik angetreten und durchgeführt, ohne eine vorherige Prüfung durch die Beklagte abzuwarten. Außerdem werde die vom Kl...

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