Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 14 Buchst a SGB 7. Aufforderung der AA: schriftliche Bewerbung bei einem potentiellen Arbeitgeber. persönliches Vorstellungsgespräch. Vermittlungsvorschlag ohne Beifügung einer Rechtsfolgenbelehrung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beifügung einer Rechtsfolgenbelehrung ist nicht konstitutiv für den Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 14 Buchst a SGB 7.

2. Die Aufforderung, sich schriftlich oder per E-Mail bei einem potentiellen Arbeitgeber zu bewerben umfasst - im Hinblick auf den Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 14 Buchst a SGB 7 - auch das persönliche Vorstellungsgespräch beim Arbeitgeber.

 

Orientierungssatz

Eine Aufforderung kann eine mit einer Bitte oder Empfehlung umschriebene Äußerung der AA darstellen, sofern der Eindruck vermittelt wird, dass das Erscheinen notwendig sei und erwartet werde (vgl BSG vom 11.9.2001 - B 2 U 5/01 R = SozR 3-2700 § 2 Nr 3; vgl BSG vom 24.6.2003 - B 2 U 45/02 R = Die Leistungen Beilage 2004, 91.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.11.2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Unfalls vom 14.05.2012 in der Wegeunfallversicherung streitig.

Der 1971 geborene Kläger meldete sich am 04.04.2012 bei der Agentur für Arbeit (AA) R. mit Wirkung zum 01.05.2012 arbeitslos. In seiner Arbeitslosmeldung verpflichtete sich der Kläger, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, wobei er ausdrücklich den Erhalt des Merkblattes 1 für Arbeitslose und dessen Kenntnisnahme unterschriftlich bestätigte. Am 17.04.2012 führte er mit der Zeugin Sch., seiner damaligen Arbeitsvermittlerin von der AA F., ein persönliches Gespräch. Die Zeugin Sch. hielt im Beratungsvermerk fest, der Kläger habe keinen Führerschein, sodass die Integration erschwert sei. Eine solche sei jedoch innerhalb von sechs bis zwölf Monaten “wahrscheinlich„. Es wurde ein individueller Integrationsplan festgelegt und eine Eingliederungsvereinbarung vereinbart. Der Kläger habe angegeben, momentan Resturlaub zu haben und habe nach einer Ortsabwesenheit im August gefragt, da er bereits Urlaub gebucht habe. Mit Bescheid vom 14.05.2012 bewilligte die AA R. dem Kläger Arbeitslosengeld vom 01.05.2012 bis 18.02.2013 in Höhe von monatlich 546,30 €.

Bereits mit Schreiben vom 08.05.2012 hatte die AA F. dem Kläger einen “Vermittlungsvorschlag„ unterbreitet, in dem es hieß, man freue sich, ihm einen Arbeitsplatz bei der ... GmbH (Arbeitgeber) als Bauhelfer (Stellenangebot) vorschlagen zu können. Der früheste Eintrittstermin sei der 15.05.2012. Die Stelle sei bis zum 31.08.2012 befristet, wobei eine spätere Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis möglich sei. Darüber hinaus enthielt das Schreiben die Kontaktdaten des Arbeitgebers und folgenden Passus: “Bewerben Sie sich bitte umgehend schriftlich oder per E-Mail mit folgenden Anlagen: Lebenslauf, Zeugnisse. Ihr Ansprechpartner ist Herr T..„ Dem Vermittlungsvorschlag war ein Rückantwortbogen beigefügt, mit dem der Kläger aufgefordert wurde, mitzuteilen, wann er sich “beworben/vorgestellt„ habe, ob er eingestellt worden sei bzw. weshalb es nicht zu einer Einstellung gekommen sei.

Nachdem der Kläger telefonisch bei der Firma ... GmbH (E.straße 3, F.) für den 14.05.2012 um 11.00 Uhr ein Vorstellungsgespräch vereinbart hatte, fuhr er an dem besagten Tag von seiner damaligen Wohnung (W. Weg .., F.) mit dem Fahrrad zur Firma ... GmbH. Auf dem Rückweg befuhr er die Albrechtstraße (entgegengesetzt der Fahrtrichtung), als er gegen 10.42 Uhr im Einmündungsbereich der G.-/A.straße von einem PKW-Fahrer, der beim Rechtsabbiegen den Kläger übersehen hatte, von diesem erfasst wurde (Verkehrsunfallbericht der Polizeihauptmeisterin ≪PHMin≫ K. vom 22.06.2012, Bl. 63 ff. der Verw.akte der Rechtsvorgängerin der Beklagten ≪im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet≫ sowie Gutachten der D. A. GmbH vom 10.01.2013, Bl. 72-76). Der Kläger wurde hierbei auf den Boden geschleudert und schwer verletzt. Im Klinikum F. stellte Prof. Dr. W. fest (Arztbrief vom 15.05.2012), dass der Kläger durch den Unfall eine Polytraumatisierung mit komplexem Mittelgesichts- und Gesichtsschädeltrauma mit Impressionsmehrfragmentefraktur des Os-frontale und daraus resultierend ein subdurales Hämatom frontoparietal beidseits erlitten habe. Des Weiteren diagnostizierte er eine traumatische “SAB„, einen Verdacht auf beginnende Einklemmung bei diffusem generalisierten Hirnödem, Frakturen des Orbitadaches, Bodens sowie der Wände, Frakturen der Wände des Sinus maxillaris, klaffende Frakturen des Sinus maxillaris und der Mandibola, Orbitabodenfrakturen beidseits und eine Weichteilverletzung im Bereich des linken distalen Unterschenkels. Der Kläger erhielt eine intensivmedizinische Komplexbehandlung und wurde...

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