Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. bisherige freiwillige Versicherung. Eintritt der Versicherungspflicht in der KVdR durch Hinterbliebenenrentenanspruch. Vorrang. Befreiungsmöglichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Pflichtversicherung in der KVdR als Hinterbliebener hat Vorrang vor der bisherigen freiwilligen Versicherung, auch wenn der Beitrag (ausnahmsweise) höher ist.

 

Orientierungssatz

Eine Befreiung von der Versicherungspflicht, um eine freiwillige Krankenversicherung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fortzuführen, ist nach den Grundsätzen der GKV nicht möglich.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. März 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger bei der Beklagten ab 01. September 1998 im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflicht- oder freiwillig krankenversichert ist.

Der 1929 geborene Kläger bezieht seit 01. Februar 1994 Regelaltersrente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). Er bezieht weiter von der Firma K. in S. seit dem 01. Februar 1994 im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung eine monatliche Rente von DM 265,00 (= € 135,49).

Er ist seit 01. Januar 1981 Mitglied der Beklagten. Diese stufte ihn wegen Nichterfüllung der Vorversicherungszeiten für die KVdR ab Rentenbeginn als freiwillig versicherten Rentner in Beitragsklasse 47 mit dem entsprechenden Beitrag ein.

Nach dem Tod seiner Ehefrau G. M., die seit 01. Januar 1987 eine monatliche Rente von DM 2.139,57 bezogen hatte und in der KVdR krankenversichert war (zunächst bei der Kaufmännischen Krankenkasse, seit 1997 bei der Beklagten), bewilligte die BfA dem Kläger auf dessen Antrag vom 18. August 1998 mit Bescheid vom 18. September 1998 ab 01. September 1998 Hinterbliebenenrente. Nachdem die Beklagte der BfA das Bestehen einer Pflichtversicherung gemeldet hatte, teilte diese dem Kläger mit, er unterliege seit 18. August 1998 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bzw. weiterhin in der sozialen Pflegeversicherung (SPV) und forderte von ihm die Eigenanteile zur GKV und SPV für die Zeit vom 18. August bis 31. Oktober 1998 von DM 654,71 (€ 334,75) an. Hiergegen erhob der Kläger telefonisch bei der Geschäftsstelle Villingen-Schwenningen der Beklagten Einwendungen und legte mit Fernkopie vom 22. Oktober 1998 Widerspruch mit der Begründung ein, es stelle eine unbillige Härte dar, wenn er als freiwillig Versicherter seit 01. Juli 1998 in Beitragsklasse 47 der Beklagten monatlich DM 527,66 Beitrag bezahle, während in der KVdR DM 598,92 verlangt würden. Er beantragte die Wiederherstellung des seit 01. Februar 1994 bestehenden Zustandes. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass bei Hinterbliebenen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung des Verstorbenen ableiteten, die Vorversicherungszeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) bereits dann erfüllt sei, wenn der Verstorbene diese erfüllt habe. Die Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V sei gegenüber einer freiwilligen Mitgliedschaft vorrangig. Auch die vom Kläger mit einem Widerspruch vom 20. November 1998 angegangene BfA bestätigte in einem Schreiben an die Beklagte diese Auffassung, verwies auf den Bescheid vom 18. September 1998, worin sie gegenüber dem Kläger die Bewilligung des Beitragszuschusses zur freiwilligen KV für den Zeitraum 18. August bis 31. Oktober 1998 aufgehoben und zu Unrecht gezahlte Beiträge von DM 644,79 zurückgefordert habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Juni 1999 des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses, der zugleich auch die Aufgaben des Widerspruchsausschusses der Technikerkrankenkasse Pflegekasse wahrnimmt, wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 01. Juli 1999 beim Sozialgericht (SG) Reutlingen Klage mit der Begründung, er habe die freiwillige KV schon vor dem Bezug der Hinterbliebenenrente gewählt. Die Verdrängung dieser freiwilligen KV kraft Gesetzes sei nicht haltbar. Soweit sich die Beklagte zur Begründung auf ein gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen berufe, handle es sich nicht um Gesetzesrecht, sondern nur um Empfehlungen an die beteiligten Leistungsträger.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und Verweis auf die Begründung des Widerspruchsbescheides entgegen und wies weiter darauf hin, dass der Kläger nicht die Möglichkeit habe, sich nach § 8 SGB V von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, um sich anschließend freiwillig bei einer gesetzlichen, hier derselben Krankenkasse zu versichern.

Das SG gab der Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2002, der der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 04. April 2002 zugestellt wurde, unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juni 1999 ...

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