Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. selbst beschaffte Maßnahme. Studium der Kunsttherapie. Kostenerstattungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird während des Rechtsstreits die (selbst beschaffte) Maßnahme, um deren Förderung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gestritten wird, beendet, ist der Klageantrag auf eine reine Kostenerstattung umzustellen.

2. Bei der Prüfung eines Kostenerstattungsanspruches nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX / § 13 Abs. 3 SGB V und der dort aufgestellten Voraussetzung einer zu Unrecht abgelehnten Leistung sind bestandskräftig gewordene Ablehnungsbescheide über § 44 SGB X in die Prüfung einzubeziehen.

3. Im Rahmen dieser Prüfung nach § 44 SGB X (im Zusammenhang mit einem Kostenerstattungsanspruch) kommt es nicht darauf an, ob die früheren Ablehnungsbescheide rechtswidrig sind, weil allgemein die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu Unrecht abgelehnt wurde; maßgebend ist vielmehr, ob gerade die Förderung der konkreten, später selbst beschafften Maßnahme zu Unrecht abgelehnt wurde.

4. Ein Kostenerstattungsanspruch für eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben setzt einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus. Bei im Ermessen des Leistungsträgers stehenden Leistungen erfordert dies eine Ermessensreduzierung auf Null.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.12.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Verpflichtung der Beklagten, die Kosten einer Ausbildung des Klägers zum Kunsttherapeuten als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu übernehmen.

Der am ... 1951 in G. geborene Kläger ist anerkannter Asylberechtigter und nunmehr deutscher Staatsangehöriger. Er erwarb im Heimatland einen “Bachelor of Arts (Art)„ der Universität für Wissenschaft und Technik in K. (G. ) und war - so seine Angaben - danach als Lehrer, Politiker und Professor sowie in einem Bildungsministerium und in einer Botschaft tätig. Nach seiner Einreise in Deutschland arbeitete er ab dem 14.05.1991 als Hausschreiner (Aufbau von Möbeln nach Plan) in einem großen Möbelhaus. Wegen eines Arbeitsunfalls am 19.12.1998 (Schädelprellung durch herab fallende Möbel) war er bis 16.01.1999 und anschließend wegen einer Polyneuropathie unklarer Genese und eines Verdachts auf eine Somatisierungsstörung auf Dauer arbeitsunfähig (Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung - MDK - vom 28.05.1999); er bezog Krankengeld bis zur Aussteuerung am 17.07.2000. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aus gesundheitlichen Gründen durch Aufhebungsvertrag zum 30.04.2000.

Im März 1999 beantragte der Kläger bei der Landesversicherungsanstalt Württemberg (LVA - Rechtsvorgängerin der Beklagten, nachfolgend Beklagte) medizinische und berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation. Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 03.08.1999 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen unter Hinweis auf die Zuständigkeit der Arbeitsverwaltung und mit ebenfalls bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 24.11.1999 einen weiteren Antrag vom 15.06.1999 mangels erheblicher Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit ab. Die diesbezüglichen Verwaltungsakten sind vernichtet. Die medizinische Rehabilitation förderte die Beklagte in Form eines stationären Aufenthaltes vom 26.07.1999 bis 30.08.1999 in der Reha-Klinik G. . Im Entlassungsbericht ist vermerkt, dass sich der Kläger am 26.08.1999 beim Reha-Fachberater der Beklagten vorgestellt hatte mit dem Ergebnis, dass er seine Tätigkeit im Möbelhaus nicht mehr ausführen könne und er eine Eingliederung entsprechend seiner akademischen Ausbildung anstrebe. Bei einer ärztlichen Untersuchung für die Beklagte im Rahmen der Abklärung der Voraussetzungen für berufsfördernde Leistungen gab der Kläger gegenüber Dr. S. am 03.03.2000 an, ihm sei eine Ausbildung zum Kunsttherapeut oder Seelsorger wichtig, dort lägen seine Stärken (vgl. sozialmedizinisches Gutachten der Dr. S. vom 03.03.2000, Leistungsbeurteilung dort: nur leichte körperliche Arbeiten ohne Zwangshaltung und häufiges Bücken überwiegend im Sitzen zumutbar).

Im Oktober 2000 nahm der Kläger eine Ausbildung zum Kunsttherapeuten bei der staatlich anerkannten Fachhochschule für Kunsttherapie in N. auf, die er am 15.07.2004 erfolgreich abschloss. Seit dem 01.09.2004 ist er als Kunsttherapeut in einer Einrichtung der Behindertenhilfe halbtags beschäftigt.

Am 09.07.2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für sein Kunsttherapiestudium als berufsfördernde Leistungen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte aus medizinischen Gründen ab (Bescheid vom 06.08.2001 und Widerspruchsbescheid vom 13.05.2002). Im Rahmen der hiergegen vom Kläger beim Sozialgericht Stuttgart erhobenen Klage (S 9 RJ 2831/02) gab die Beklagte folgendes vom Kläger zur Er...

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