Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung der Rentner. Befreiung von der Versicherungspflicht nur bei Berechtigung zur freiwilligen Versicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Rentenantragsteller und Rentner, die in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert sind, können die Pflichtversicherung zugunsten der freiwilligen Versicherung nur abwählen, wenn sie die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Nr 6 SGB 5 erfüllen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. September 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin als Rentenantragstellerin versicherungspflichtig in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) war und ob sie bei erneuter Rentenantragstellung auf Antrag von der Pflichtmitgliedschaft in der KVdR zu befreien und weiterhin als freiwilliges Mitglied der Krankenversicherung zu versichern ist.

Die 1939 geborene Klägerin ist seit 1959 Mitglied der beklagten Krankenkasse. Seit 01.01.1975 war sie als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten krankenversichert.

Am 20.01.2004 beantragte die Klägerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute Deutsche Rentenversicherung Bund - BfA -) die Gewährung von Rente. In dem der Rentenantragstellung beigefügten Ergänzungsblatt zur Meldung zur KVdR gab sie an, dass sie weiterhin freiwilliges Mitglied bleiben wolle.

Mit Bescheid vom 02.03.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass für sie ab 20.01.2004 die Pflichtmitgliedschaft in der KVdR durchgeführt werde. Gleichzeitig wies die Beklagte die Klägerin im Rahmen der Anhörung darauf hin, dass eine Befreiung von der Pflichtversicherung in der KVdR nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugunsten einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht möglich sei. Dies sei bereits höchstrichterlich durch das Bundessozialgericht (BSG) in einem Urteil vom 28.04.1987 - 12 RK 51/86 - entschieden worden.

Die Klägerin wandte dagegen ein, sie wolle weiterhin freiwilliges Mitglied bleiben. Nur so könne sie über die Beihilfeansprüche ihres Ehemannes privatärztliche Behandlung in Anspruch nehmen. Vor Jahren sei sie von der BfA dahingehend beraten worden, dass sie nicht in die KVdR kommen könne. Hierauf habe sie vertraut und deshalb auch keine zum damaligen Zeitpunkt noch mögliche preisgünstige private Krankenversicherung abgeschlossen. Jetzt könne sie nicht mehr Mitglied der privaten Krankenversicherung werden. Die Tatsache, dass die Rentenversicherung eine 180-Grad-Kehrtwendung durchgeführt habe, hätte katastrophale Auswirkungen auf ihr Versicherungsverhältnis. Üblicherweise gewähre der Staat in solchen Fällen Vertrauensschutz und Übergangszeiten. Dass eine Befreiung von der Pflichtversicherung aufgrund eines Urteils des BSG im Jahr 1987 nicht möglich sei, ziehe sie stark in Zweifel.

Mit Schreiben vom 26.03.2004 zog die Klägerin ihren Rentenantrag mit sofortiger Wirkung zurück.

Mit Bescheid vom 08.04.2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Befreiung von der KVdR zugunsten einer freiwilligen Mitgliedschaft bei der Kasse ab. Aufgrund des Rentenantrages sei eine Pflichtversicherung im Rahmen der KVdR eingetreten. Es bestehe die Möglichkeit, sich zugunsten einer privaten Krankenversicherung von der KVdR befreien zu lassen. Eine Befreiung zugunsten einer freiwilligen Mitgliedschaft werde abgelehnt. Es sei richtig, dass die Klägerin nach dem Gesundheits-Strukturgesetz (GSG) nicht Mitglied in der KVdR geworden wäre. Mit dem 10. SGB V-Änderungsgesetz sei jedoch zum 01.04.2002 wieder die bis zum 31.12.1992 gültige Regelung in Kraft getreten. Danach unterlägen Rentenantragsteller der Versicherungspflicht, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied (pflicht- oder freiwillig versichert) oder familienversichert gewesen seien. Dies sei bei der Klägerin der Fall gewesen. Daher sei zum 20.01.2004 Versicherungspflicht in der KVdR eingetreten.

Mit Bescheid vom 21.04.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass für sie in der Zeit vom 20.01.2004 bis 26.03.2004 (Rücknahme des Rentenantrags) Pflichtversicherung als Rentenantragstellerin in der KVdR bestanden habe.

Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie keine Chance auf Übernahme in die private Krankenversicherung habe. Das über ihren Ehemann vermittelte Beihilferecht sei die einzige Versicherung, auf die sie sich im Krankheitsfall noch abstützen könne. Nachdem bis zum Jahr 2002 eine andere Rechtsgrundlage gegolten habe, berufe sie sich auf Vertrauensschutz. Nach der ihr vorliegenden von der BfA übermittelten Ausführungsbestimmung könnten privat bei einem Krankenversicherungsunternehmen versicherte Rentenbewerber, die zugleich die Voraussetzungen für die KVdR erfüllen würden, jedoch die Pflichtversicher...

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